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Das geometrische Benehmen

Budapest (Hungary) Belváros
Hof der Patisserie «Augustsz», Kossuth Lajos
Samstag, 21. Mai 2011

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Die Ungarn lieben die Ordnung. Sie mögen es, wenn die Dinge beisammen sind, die auch zusammengehören. Schon ein kurzer Gang durch die Grosse Markthalle (Nagycsarnok) von Budapest räumt jeden Zweifel an dieser Tatsache aus. Dass da die Wurzelpetersilie Flanke an Flanke mit der Wurzelpetersilie liegt und sich die Erdbeeren zu prachtvollen Kronen türmen, versteht sich von selbst. Auch dass hier alle Tiere in ihre gastrologischen Einzelteile zerlegt wurden, überrascht nur wenig. Was indes das Mass des Gewöhnlichen sprengt, ist die Systematik, mit der da Entenhälse zu Entenhälsen gelegt wurden, Gänseherzen neben Gänseherzen schlagen, Schweinehirnchen mit ihresgleichen zu fein gemusterten Teppichen zerfliessen und Rindsnieren neben anderen Rindsnieren Parade stehen. Dass die Würste fein säuberlich in Reihe und Glied gelegt sind, bietet sich bei ihrer formalen Disposition gewissermassen an – man wird jedoch den Eindruck nicht los, dass auch bei den Hühnerfüssen eine ordnende Hand das Unmögliche versucht hat.

Kein Wunder, ist die Stadt Budapest mit ihrem reichen Jugendstilerbe eine Stadt der Ornamente. Ist doch das Ornament eine Formel, die nicht per se Zusammengehöriges durch formale Klammern verbindet und aus dem noch Unentschlossenen schlüssige Zugehörigkeiten schafft – oder kurz eine Formel, die Hühnerfüsse in Reih und Glied zwingt. Ja, auch die Sprache der Ungarn ist ganz darauf aus, die Erbsen zu den Erbsen zu legen. Denn was Fremden manchmal vorkommt, als sei ein Tanker voller Akzente in der Donau havariert, ist in Tat und Wahrheit oft nichts anderes als ein Instrument im Dienste der Lautangleichung – die wiederum nichts anderes tut, als dass sie die verschiedenen Töne zueinander zwingt, die Sprache somit ornamentiert oder eben: einen Kuttelstreifen neben dem anderen geradezieht.

Solches lässt natürlich auch den Besucher der Stadt nicht unberührt. Geht er einfach so durch diese Strassen, kommt er sich bald schrecklich verzettelt und zufällig vor. Also beginnt er, Ordnung in seine Wege zu bringen, sich geometrisch zu benehmen.

Siehe auch

  • Ein Rezept zur Episoda: Székelygulyás (Schmortopf mit Fleisch vom Rind und Kalb, Sauerkraut und Paprikapulver)
  • Episoda – eine Sendung für Santa Lemusa (Einführung)
  • Biographie von Peter Polter

First Publication: 28-9-2011

Modifications: 14-2-2012, 20-6-2013