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Über dem Aletschgletscher im Wallis. (Samstag, 31. August 2013)

7. Flasche

Ein Aroma von Unrecht

Barbera d'Alba Cascina Morassino Vignot 2010

Von aussen riecht der Wein unbewegt sehr lebendig und intensiv nach nicht ganz reifen Erdbeeren. Mit der Bewegung kommt eine feine Seifennote dazu, etwas von einem frisch gewaschenen (nicht geduschten) Körper. Nimmt man etwas Distanz zum Glas, ist die Fruchtnote stärker – aus der Nähe überwiegt ein frisch ausgewrungener Waschlappen. Mit der Zeit mischt sich eine ganz feine Ledernote bei, gewisse Fahrradsättel riechen so. Im Hintergrund öffnet sich aber auch eine schwere Blume, ein Veilchen vielleicht?

Im Mund fühlt sich der Wein ein wenig metallisch an, leicht pelzig mit einer stabilen Säure – nicht sehr einladend, aber intrigierend. Von innen gerochen nimmt das Veilchenaroma zu, daneben macht sich aber auch ein Weihrauchduft breit und eine Idee von Schokolade mit hohem Kakaoanteil und ohne viel Zucker. Zwei Stunden nach dem Öffnen der Flasche ist eine starke Note von leicht verbranntem Karamell da – man denkt an das längliche Bonbon mit dem Namen «Caramba». Früher schon taucht auch wieder eine Frucht auf, nun ist es aber keine Erdbeere mehr, die ist draussen geblieben. Diese neue Frucht hat etwas von einer überreifen und doch immer noch sauren Kirsche. Das Aroma hat auf eine extravagante Art etwas Verführerisches – und hinterlässt gleichzeitig ein Gefühl wie: «das hätten wir nicht schlucken sollen». Nicht unsere Gesundheit ist bedroht – aber die Moral. Dabei geht es nicht um eine Frucht, wie sie Adam und Eva im Paradies genossen haben - eher fühlen wir uns wie Vampire: Wir saugen einen eigentümlichen Lebenssaft aus einem Frucht-Körper, der uns zugleich fesselt und ein wenig ekelt. Der Wein kommt uns vor wie eine Speise, die uns erhält und die doch auf eigentümliche Weise mit Verderben zusammenhängt. Im Mund hinterlässt der Wein ein Aroma von Unrecht, das erst mit der Zeit in eine leichte Bitterkeit übergeht und schliesslich verklingt.

Getrunken am Samstag, 31. August 2013 auf der Riederalp (Wallis, Schweiz). Gekauft bei «Baur au Lac Vins» in Zürich (Fr. 28.50 im August 2013).

Nächste Flasche

Barbera d'Alba Cascina Morassino Vignot

DOC, 2010, 14% Vol.

100% Barbera

Rotwein aus dem Piemont (Italien), produziert von Roberto e Mauro Bianco in Barbaresco (auf Karte anzeigen). Laut Auskunft der Verkäuferin im «Baur au Lac Vins» in Zürich handelt es sich um einen biologisch angebauten Wein, die Etikette verrät nichts davon.

First Publication: 1-9-2013

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