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Still aus dem Video «A Journey to India» (ein Morgenessen in Bangalore).

A Journey to India

Es gibt kaum eine andere Tätigkeit, der wir mit solcher Regelmässigkeit nachgehen wie dem Essen. Und nur wenig tun wir auf ähnlich vielfältige Weise – das gilt selbst für jene Zeitgenossen, die kulinarischen Themen nicht viel Aufmerksamkeit schenken. Was und wie wir essen steht in einem direkten Verhältnis zu dem Leben, das wir führen – im Allgemeinen wie im Besonderen.

Das Essen als Spiegel des Lebens. Kinder essen andere Dinge als Erwachsene, Astronauten führen sich die Kalorien anders zu als Sumoringer, Chinesen haben andere Vorlieben als Brasilianer, die Bewohner der Alpen rühren in anderen Suppen als die der Anden. Ob wir einen feierlichen Abend geniessen oder durch einen hektischen Nachmittag rasen, ob wir auf einer Wanderung sind oder im Flugzeug durch den Himmel pfeilen, ob wir allein vor dem Fernseher sitzen oder Freunde empfangen, ob wir Zahnschmerzen haben oder uns müde fühlen, ob wir glücklich sind, verliebt oder verzweifelt, stets wird sich unsere Situation auch auf die eine oder andere Weise in dem Essen spiegeln, das wir zu uns nehmen. – Natürlich sind da die Möglichkeiten im reichen Westen besonders vielfältig, die Differenzierungen besonders fein. Aber sogar in den ärmsten Küchen dieser Welt gibt es zumindest Unterschiede zwischen den ganz bescheidenen und etwas reicheren Tagen – und sei es nur, weil eine neue Lieferung vom Roten Kreuz eingetroffen ist oder das einzige Huhn des Dorfes von einem Touristenbus überfahren wurde.

Essen und Reisen. Im Essen spiegelt sich unser Leben – Tag für Tag, Woche für Woche, Jahr für Jahr. Das gilt insbesondere auch, wenn wir auf Reisen sind – ja dann ist das Essen vielleicht sogar wichtiger noch als sonst. Einerseits weil gerade in exotischen Ländern unser Wohlbefinden oft in besonderem Masse davon abhängt, was wir zu uns nehmen. Und andererseits weil die Ess-Erlebnisse zu den wichtigsten und eindrücklichsten Erinnerungen einer Reise zählen – egal ob es sich um die besonders knusprige Pizza auf Progida handelt oder um die in Karamell frittierten Käfer, die uns beim Abschlussessen mit unserem kantonesischen Geschäftspartner in Guangzhou erschüttert haben.

«A Journey to India». Um die Bezüge zwischen dem Essen und dem Reisen geht es auch in dem von HOIO im Jahr 2006 produzierten Video «A Journey to India». Während einer Reise durch das südliche Indien hat Samuel Herzog sämtliche Speisen gefilmt, die er zu sich nahm – jeweils eine Minute lang. Dabei ist ein Serie von 38 bewegten Bildern entstanden, die es uns erlauben, auf eine ganz spezifische Weise – quasi über die Kante einer Gabel nämlich – in diese Reise hineinzublicken. Szene für Szene öffnet sich der Film auf eine Esssituation, die bei aller Ähnlichkeit des Geschehens doch immer einzigartig ist: der Flug in der «Swiss»-Maschine, das Essen bei Freunden in Bombay, die Cafeteria in Hyderabad, die Party in Bangalore, das Frühstück am Strand von Mamallapuram, die Zugfahrt von Cennai nach Cochin, der Lunch am See, das Picknick auf der Fähre von Elephantia etc. Der Teller wird dabei gleichsam zu einer Bühne, auf der die Welt Mahl für Mahl ihren Auftritt hat.

Das Video «A Journey to India» wird erstmals im Februar 2006 im Berner Kunstraum Progr gezeigt – als Teil der Recherchen von HOIO zum kulinarischen Glück («Le Bonheur»).

Still aus dem Video «A Journey to India» (ein Mittagessen auf dem Land etwas ausserhalb von Mumbai).

First Publication: 2-2006 (vormals PJ107)

Modifications: 26-3-2009, 18-5-2010, 5-11-2011