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Schärengarten vor Stockholm, Bullerö

Szene 10

Aus dem luxuriösen Nachtessen, das er sich vor seinem Sprung versprochen hatte, wurde natürlich nichts. Als er endlich wieder auf Bullerö landete, war es spät geworden. Wieder strichen die Ausläufer eines Gewitters über die Insel – und alle Farben wirkten übertrieben klar, aufdringlich eindeutig.

Die Wirtin, eine sonnengegerbte Weisshaarige von etwa sechzig Jahren, empfing ihn auf einer grossen Terrasse und wies ihn sogleich auf den im Grunde unverzeihlichen Umstand seines späten Eintreffens hin. Ihre Hände sahen aus, als habe sich unlängst ein Gletscher von ihnen zurückgezogen – wahrscheinlich wühlten sich ihre Finger Tag für Tag durch Randenbeeten und Brombeerhecken. Die Küche sei längst geschlossen, meinte sie, schliesslich müsse man ja auch mal zur Ruhe kommen. Es gäbe Uhrzeiten und Regeln – das sei nötig, bitternötig in einer Zeit wie dieser. Maille nickte ergeben und nahm mit einem Blick seiner müden Augen alle Schuld auf sich – für seine Verspätung, ihren Ärger, den trockenen Sommer, die hohen Steuern in Schweden und den bevorstehenden Polwechsel. Sogleich schien es ihr etwas besser zu gehen.

Mit einem erlösten Seufzer verschwand sie in der Küche, um alsbald mit einem Tablett wieder auf der Terrasse zu erscheinen. Im Kühlschrank hatte sie ein ordentliches Stück«Gravad Lax» gefunden und für den reuigen Agenten ausserdem den Rest eines Auflaufs mit Hering und Kartoffelnaufgewärmt. Dazu gab es Brot, eine Dose Leichtbier und zum Dessert ein nicht mehr ganz frisches «Kanelbullar» – ein süsses, schneckenförmig aufgerolltes Hefegebäck. Die Erlöste stellte das Tablett auf einen Tisch, übergab Maille seinen Zimmerschlüssel und liess ihn allein auf der Terrasse zurück.

Gebeizter Lachs mit Dill und Gewürzen

Menu Maille

Beim Verzehr dieses Menus fielen Hektor Maille eigentümliche Verbindungen auf zwischen seiner tropischen Heimat und spezifisch schwedischen Traditionen: