D | E  

Puerto Williams

Szene 11

Puerto Williams war der letzte Ort auf dieser Welt, wo man noch eine Tasse Kaffee bekam. 1954 gegründet, aufgebaut mit der Hilfe von vier Ochsen und einem Karren, der immer noch neben dem Polizeiposten der Gemeinde stand. Die Luft war herbstlich frisch und im ganzen Dorf roch es nach dem Rauch von Holzfeuern. Auf dem zentralen Platz grasten Pferde, daneben lagen Mädchen im Gras und kicherten vor sich hin, Hunde verteidigten lautstark imaginäre Territorien und ab und zu ratterte ein Pick-up vorbei, dessen sechs Zylinder die von Drähten zusammengehaltene Karosserie sosehr erschüttertren, dass das Gefährt gewissermassen unscharf durch die Landschaft zitterte – sichtbar und doch nicht recht zu sehen, wie eine Luftspiegelung oder wie ein inkontingentes Hologramm.

Wie befohlen ging Maille in den einzigen Laden, den es auf dem Dorfplatz gab, kaufte ein Paket Kaugummi und tatsächlich: Auf einer der Banknoten, die er als Wechselgeld bekam, hatte eine nicht sehr geschickte Hand die Küste der Isla Novarina skizziert und einige Kilometer östlich von Puerto Williams einen Punkt markiert. Dazu gab es wieder GPS-Koordinaten und den etwas rätselhaften Satz «Get dressed». Zweifellos hatte V-Mann Aral viel Sinn für Inszenierungen. Allerdings fragte sich Maille, ob all dies überhaupt noch in einem Zusammenhang zur Entführung des Professors stehen konnte. Jagte er noch Dr. Hing – oder war er längst nur noch einem Phantom auf der Spur?