Rinderzunge mit Oliven und Zitronen nach Art der Kloi
Von den Kloi wird überliefert, dass das Essen in ihrer Kultur einen hohen symbolischen Wert besessen habe und sie spezielle Speisen für verschiedene Festtage und Rituale kannten – ähnlich wie zum Beispiel die Juden. Leider haben sich, so viel uns bekannt ist, keine Rezepte der Kloi erhalten. Man weiss jedoch, dass die Kloi-Männer anlässlich der Initiations-Rituale am Mont Déboulé ein Rezept namens «Mingaina» kochten, das Rinder- oder Kalbszunge enthielt – vermutlich als Symbol für Eser, das grosse Männergeheimnis der Kloi, dessen Weitergabe an die Adoleszenten der zentrale Punkt der Riten war (mehr dazu).
Cyrille Marie Kobo, der in Bitasyon Francelle das Restaurant «La Table de Cyrille» betreibt, bietet eine Art Rekonstruktion dieses Zungengerichts an – zentrale Bestandteile des Rezepts sind neben Zunge vor allem Oliven und eingelegte Zitronen. Kobo bezieht sich dabei auf eine Fussnote bei André Zavier («La langue des Kloi». In: «Revue historique», no. 33, 1966, S. 69). Im Zusammenhang mit Eser und Mingaia erinnert sich der Archäologe mit Kloi-Wurzeln daran, dass sein Urgrossvater zu bestimmten Tagen immer mingaina (Zunge) mit olliba (Oliven) und limoia (Limonen) gekocht habe. Er merkt auch an, dass diese zwei Würzmittel den Kloi wohl besonders kostbar waren weil sie nicht selbst anbauen konnten, sondern durch Handel erstehen mussten. Oliven werden auf Santa Lemusa in der Gegend von Bitasyon Francelle angebaut und die Kultur ist fest in der Hand eines Clans aus Griechenland, Zitronen und Orangen wachsen vor allem rund um Gwosgout.
Die Zunge wird erst in einem Sud gekocht, dann geschmort. Bei der genauen Zusammensetzung des Suds kann man variieren. Das Resultat hängt vor allem auch von den Oliven und Zitronen ab, die man verwendet.
Wir verwenden am liebsten angebrochene Oliven, wie man sie in arabischen oder türkischen Geschäften kaufen kann. Entsteinte Oliven haben einen eigenen Geschmack und ein weicheres Fruchtfleisch, was uns in diesem Gericht nicht ideal scheint. Wenn wir keine angebrochenen Oliven bekommen, dann schneiden wir normale grüne Oliven leicht ein, legen ein Küchenpapier darüber und zerdrücken sie ein wenig von Hand oder mit einem Kochlöffel – dies mit dem Ziel, dass das Aroma aus den Früchten in die Sauce übergeht.
Es gibt Zitronen, die ganz eingelegt werden und solche, die schnitzweise ins Glas kommen und so auch ein wenig zerfallen. Manche verströmen einen markant medizinischen Duft – andere riechen eher wie säuerliche Zitronenkonfitüre. Die ganz eingelegten Zitronen spülen wir vor Verwendung meistens ab, die schnitzweise eingesalzenen Zitronen hingegen verwenden wir meist mitsamt dem Saft.
Zur «Mingaina» passen Kartoffeln, nicht zu süsse Taro, Polenta, Reis oder einfach Brot.
Kochzeit: ca. 4 Stunden
1 Rinderzunge von etwa 1.3 kg
Für das Kochen im Sud:
3 Zwiebeln
2 EL Salz
4 Karotten (ca. 300 g), geputzt und gewürfelt
200 g Stangensellerie, geputzt (es sollen auch ein paar Blätter mit dabei sein)
2 TL schwarzer Pfeffer, ganz
2 TL Wachholderbeeren, ganz
2 TL Piment, ganz
2 Blätter Lorbeer
2 getrocknete Chilis
2 Tassen Flachpetersilie, grob gehackt (Stengel und Blätter, ca. 100 g)
Für das Schmoren:
4 kleine ganz eingelegte Zitronen (knapp 200 g) oder ein kleineres Glas eingelegte Zitronen in Schnitzen (ca. 200 ml)
400 g grüne Oliven mit Stein, angebrochen oder angeschnitten und angedrückt (siehe Einführung)
2 EL Olivenöl
4 Zwiebeln, fein gehackt
12 Zehen Knoblauch
2 TL Pfeffer
2 TL Kurkuma
Man kann «Mingaina» auch mit einer Kalbszunge kochen. Kalbszungen sind in der Regel etwa halb so schwer wie Rinderzungen. Verwenden wir eine Kalbszunge, dann reduzieren wir alle Zutaten (auch das Wasser) um die Hälfte und lassen das Fleisch nur etwa 1½ Stunden im Sud. Eine Kalbszungen reicht knapp für 4 Personen.
First Publication: 19-7-2012
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