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Logbuch der «PS Narina»

Tag 16

Luft- / Wassertemperatur: 31°C (16°C nachts) / 14°C

Windrichtung / Bft: Süd / 1-2

Gebiet: PRAEGALLIA (eigenwillig geformter Baumbestand) – Seekarte der Reise

Kombüse: Seehecht (300 g) filetieren (nicht häuten). 2 Zehen Knoblauch pressen, mit 1 TL schwarzem Pfeffer, 1 Prise Salz und dem Saft von 1 Limette mischen und die Filets damit bestreichen, 2 Stunde ziehen lassen. Saft von 1 Limette, 1 EL Fischsauce, 1 EL Wasser, 1 EL Olivenöl, ¼ Lampion-Chili sehr fein gehackt, 1 Zehe Knoblauch gepresst, ½ TL Zucker zu einer Sauce verrühren. 1 kleine Reife Tomate, entkernt und in Streifen geschnitten darunter mischen. 80 g Reisnudeln bissfest kochen, kalt abschrecken, mit Sauce und 1 Tasse abgezupftem Koriandergrün vermischen und auf Schalen verteilen. Filets abtropfen lassen, in Mehl wenden, gut abklopfen und in etwas Olivenöl goldbraun backen. Filets auf Nudeln legen. (Weitere Rezepte vom Smut der «PS Narina»)

Beobachtungen

Bevor ich meine Reise auf der «PS Narina» antrat, machte ich mir Sorgen, ob denn auf so einem Boot auch alles Platz haben würde, was ich brauchte. Die Frage war berechtigt. Nur: Was würde ich brauchen? Ich fertigte eine Liste mit allem an, was mir spontan in den Sinn kam. Die Liste wurde länger und länger. In einem zweiten Durchgang fragte ich mich bei jedem Punkt, ob dies oder jenes denn auch tatsächlich nötig sei. Ich kam zum Schluss, dass ich eigentlich nur ganz wenige Dinge wirklich brauchen würde – aber einiges trotzdem gerne dabeihaben wollte. Also fertigte ich nun einen Katalog all jener Gegenstände an, die ich mitzunehmen wünschte. Auch diese Liste wurde länger und länger. In einem weiteren Schritt ging ich das Inventar meiner Wünsche Punkt für Punkt durch – mich fragend, was ich denn tatsächlich dabei haben wollte. Wieder führte dies zur fast gänzlichen Auflösung des Verzeichnisses.

Dass der Mensch weit weniger braucht, als ihm spontan in den Sinn kommt, erstaunte mich kaum – dass sich aber auch Wünsche in Luft auflösen, sobald man sie etwas direkter in den Blick nimmt, irritierte mich zunächst.

Bald allerdings kam ich zum Schluss, der Befund meiner Listen sei wohl bloss eine weitere Illustration der allgemein bekannten Tatsache, dass der Mensch eben nur schwer sagen kann, was er wirklich braucht oder wünscht.

Aus einer Laune heraus beschloss ich, alle Dinge, die ich weder wirklich brauchte, noch wirklich wollte, in einem Objekt zu verdichten: einem Affen aus Plastik, der Purzelbäume schlagen kann. Ihn nahm ich stellvertretend mit an Bord. Schon am ersten Tag unserer Reise ertappte ich mich dabei, dass ich mich voller Sorge nach der Figur umsah, ganz als sei sie etwas besonders Wertvolles, das ich auf keinen Fall verlieren wollte. Am elften Tag, als unser Schiff auf eine Sandbank lief, fing ich den Affen im Fluge auf – und liess dafür meinen letzten Porzellan-Teller zu Boden krachen. Und heute, als wir eine besonders rüde Stelle zu passieren hatten, nahm ich das Figürchen gar schützend in meine Hosentasche. Seither frage ich mich, ob sich mein Affe wirklich sosehr von anderen Gottheiten unterscheidet.

Nächster Tag (17)

First Publication: 30-1-2013

Modifications: 9-4-2013, 12-11-2014