Würzige Hühnerteile, mit Kartoffeln und Tomaten im Ofen gebacken – ein Rezept zu Peter Polters Episoda 121206 Dead Sea Al Mazraa
Am Boden der St. Georgs-Kirche im jordanischen Städtchen Madaba gibt es ein grosses Mosaik aus dem 6. Jahrhundert zu bestaunen, das als die älteste erhaltene Karte des sogenannten Heiligen Landes gilt, und als erstes geografisches Mosaik der Kunstgeschichte. Im linken Teil der Karte erkennt man Jerusalem und schräg dahinter den Jordan, der südöstlich von Jericho in den abflusslosen Endsee mündet, der auch Asphaltsee genannt wird, meist aber Totes Meer. Man sieht Fische, die sich fröhlich den Jordan hinabtreiben lassen - und solche, die sich angestrengt gegen den Strom bewegen. Fast glaubt man, letzteren die Panik anzusehen, welche die Begegnung mit dem salzigen Tod an der Flussmündung in ihnen ausgelöst hat. Dem Instinkt der Tiere ist es also anzulasten, dass die Erfindung des Fisches in Salzkruste ausserhalb des Heiligen Landes geschah. Nun hätten die Bewohner der Gegend ja wenigstens das Hähnchen in Salzkruste erfinden können, doch auch diese Delikatesse wurde an einem anderen Ort zum ersten Mal in den Ofen geschoben. Daraus kann man vielleicht schliessen kann, dass den Leuten in dieser Region das Tote Meer hinlänglich suspekt war - so suspekt jedenfalls, dass sie sich kulinarisch lieber nicht von ihm haben inspirieren lassen.
Immerhin haben zum Beispiel die Jordanier ein paar andere Hühnergerichte erfunden, mit denen sie sich sehen lassen können – eines davon heisst Saniyat oder Suniya Dajaj. Das Wort saniyat oder suniya (ausgesprochen etwa Süniia) bedeutet auf Arabisch Tablett, die Mehrzahl lautet sawani und bezeichnet eine Gruppe von Speisen, die auf einem Blech im Ofen zubereitet werden – wenn wir das richtig verstanden haben. Dajaj (ausgesprochen etwa Duschasch) heisst Huhn. Das Restaurant «Haret Jdouna», ein schönes, nicht im schlechtesten Sinne ethnographisches Restaurant im Zentrum von Madaba, hat sich auf die Zubereitung von sogenannten Sawani spezialisiert. Das Aroma des nachfolgenden Rezepts orientiert sich an dem Hühnchen-Suniya, das uns dort vorgesetzt wurde.
Das Huhn hat einen ländlichen, lieblichen und feierlich-würzigen Geschmack. Die zahlreichen Röstnoten erinnern ein wenig an Gerichte mit gebratenem Speck, doch da ist auch eine leichte Süsse auszumachen. Im Vordergrund spielen die lauchigen Aromen von Zwiebel und Knoblauch mit dem vollen Fleischgeschmack des Huhns und der leichten Säure von Weisswein und Tomate. Im Hintergrund wirken Kardamom, Zimt und Piment wie ein exotisches Orchester, das im Nebenraum spielt und dessen Klänge dann und wann von einem Lufthauch herübergeweht werden. Ab und zu klingt der Pfeffer an wie ein heller Triangel-Schlag. Das Fleisch ist zart und die Kartoffeln ideal, die gelatinöse Sauce aufzunehmen.
Das Gericht ist einfach zu kochen und lässt sich auch für Gäste optimal vorbereiten. Allerdings braucht man ein Blech mit hohem Rand und Deckel oder eine Auflaufform mit Deckel.
Marinierzeit 1 bis 2 Stunden
Kochzeit 1 Stunde
1 Huhn von ca, 1 bis 1.2 kg
5 Kapseln grüner Kardamom
1 TL Kreuzkümmel
Kreuzkümmel1 TL Piment
2 cm Zimtstange
2 TL schwarzer Pfeffer
1 knapper EL Salz
4 EL Olivenöl zum Anbraten der Hühnerteile
1.5 dl Weisswein zum Ablöschen des Bratensatzes
2 EL Olivenöl zum Andünsten des Gemüses
500 g Kartoffeln, geschält in etwa 5 mm dicken Scheiben
2 Zwiebeln (250 g), geschält in etwa 3 mm dicken Scheiben
5 Zehen Knoblauch, geschält, zerdrückt und grob gehackt
200 g Tomate, in möglichst dünnen Scheiben
Nochmals 1.5 dl Weisswein zum Ablöschen während des Backvorgangs
First Publication: 27-6-2013
Modifications: