D | E  

Neuste Beiträge

HOIO und Cookuk

  • Das Tagebuch von Raum Nummer 8 (Susanne Vögeli und Jules Rifke)
  • HOIO-Rezepte in der Kochschule – das andere Tagebuch

Etwas ältere Beiträge

Grosse Projekte

Mundstücke

Gewürze aus Santa Lemusa

Abkürzungen

Heftiger Regen an der Falkenstrasse in Zürich. (Montag, 16. September 2013)

9. Flasche

Ernste Momente

Barbera d'Asti La Morandina Varmat 2009

Von aussen riecht der Wein unbewegt nach ganzer Vanilleschote und abwechselnd nach überreifem Pfirsich und zermantschter Erdbeere. Bewegt machen sich zunächst Veilchen-Noten bemerkbar, die aber bald wieder von einem satten Erdbeer-Aroma konkurriert werden. Tatsächlich ist das Veilchen-Parfum stärker, wenn man aus einer gewissen Distanz an dem Glas riecht und die Luft nicht zu stark einzieht – derweilen sich aus der Nähe die Erdbeeren aufdrängen. Zieht man die Luft scharf und schnell ein, macht sich ein Duft von frisch mit Seifenwasser gewaschener Steinplatte bemerkbar. Es ist ein wenig, wie wenn man mit einem Schiff auf ein Ufer zufährt – je nach Distanz sieht man eine ganz andere Landschaft und stellt sich vor allem auch das ganz anders vor, was dahinter noch kommt, was sich dem Auge gerade noch nicht preisgibt.

Im Mund fühlt sich der Wein kräftig an, mit einer gut sitzenden Säure und einer gewissen Bitterkeit, keine Spur von Süsse, wenig Tannin. Er wirkt rau, direkt, ein wenig rüpelhaft. Fast glaubt man den Widerstand der Trauben zu spüren, die da zerquetscht und vergoren wurden. Von innen erinnert das Aroma an die etwas angebrannten und ziemlich ausgetrockneten Zwetschen auf einem Kuchen, der etwas zu lange im Ofen war. Auch die Vanille ist da, aber fest eingebunden, domestiziert – und dann schwingt ab und zu ein Hauch von Kreuzkümmel mit, wie ein Papierflugzeug aus einer anderen Welt.

Das Aroma dieses Barbera lässt uns an den Crac des Chevaliers denken, die berühmte Kreuzritterburg östlich von Homs, die wir vor Jahren besucht haben – genauso pur und rau, so direkt und ungeschönt kamen uns die Gewölbe dieser mächtigen Architektur damals vor. Der schiere Stein, mit einem Minimum an Manipulation in Position gebracht, zur Struktur verbunden, ohne Verputz, ohne Schmuck. Ähnlich wurden bei diesem Barbera die Trauben zu Wein – so auf jeden Fall unser Eindruck. Das ist kein Wein für fröhliche Stunden – eher schon ein Tropfen für schwierigere Momente. Es gibt Weine, die uns anstrahlen, umschmusen, umgarnen, umtanzen, mit uns spielen – dieser Barbera aber nimmt uns ernst. Und selbst wenn er nach einiger Zeit ein paar süssere Noten und sogar kompottige Seiten entwickelt – im Grunde bleibt er ein dunkler, ein schwerblütiger Charakter.

Getrunken am Montag, 16. September 2013 in der Küche meiner Wohnung über dem Bahnhof Tiefenbrunnen in Zürich (Schweiz). Gekauft bei «Vini Vergani» in Zürich (Fr. 29.00 im August 2013).

Nächste Flasche

Barbera d'Asti Superiore La Morandina Varmat

DOCG, 2009, 15% Vol.

100% Barbera

Rotwein aus dem Piemont (Italien), produziert von der Azienda Agricola La Morandina di Morando Giulio e Paolo in Castiglione Tinella (auf Karte anzeigen).

First Publication: 17-9-2013

Modifications: