Wahrscheinlich sind es die düsteren Bereiche unseres Lebens, die uns erst zu Menschen machen – ohne die Schwärze der Nächte wäre uns das Licht der Tage bedeutungslos. Auch gehört es zu den Traditionen unserer Menschenkultur, dass wir in der Dunkelheit helle Stellen sehen – ebenso wie für uns der Schatten zum Sonnenschein gehört. Wir tun dies, um im Ganzen einen Sinn zu sehen – und nicht nur in seinen Teilen. Dieser Rahmen ist gegeben, der Raum ist klar umrissen. Selbst gestalten können wir nur die Bewegung, mit der wir zwischen den zwei Seiten unterwegs sind.
Es gibt Momente und es gibt Orte, die uns mehr als andere in Erinnerung rufen, dass wir nur diese eine Geste bestimmen können. Marseille gehört dazu. Die Stadt liegt auf der Grenze von See und Land, Süden und Norden, Frankreich und dem Mittelmeer, Europa und dem Rest der Welt. Lebensfreude reibt sich hier ohne Unterlass an Traurigkeit. Diese Friktion bringt eine heitere Melancholie hervor, die zwar nicht das eine mit dem anderen versöhnt, sich aber trotzdem in einer Art von Gleichgewicht hält.
First Publication: 16-7-2013
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