Wenn wir in einer ungewohnten Situation sind, dann bedeutet dies noch lange nicht, dass wir deshalb auch ungewöhnliche Dinge denken. Wir sind in Guča, am Trompeten-Festival, der grossen Messe von Dragačevo (Dragačevski sabor u Guči), wo das Blech heftiger geblasen wird als irgendwo sonst auf der Welt – schon seit 1961. Wir spüren die Musik im Bauch und sehen, wie unser linkes Knie im Rhythmus der Tenorhörner auf und ab wippt – aber die Töne bewirken nichts in unserem Kopf. Wir schauen auf unsere rechte Hand, die wie eine elektrisierten Fibel im Gleichtakt mit den Becken-Schlägen auf und zu schnappt. Es könnte die Hand eines Serben sein, eines Mazedoniers, Albaners oder Bosniaken – unsere Gedanken aber haben ihre Füsse noch nicht auf den Boden der Balkanhalbinsel gesetzt. Regelmässig bringen sich das am Spiess gegrillte Ferkel, die überbackenen Bohnen, der Kohlsalat und die gesottene Paprika in Gestalt kleiner Rülpser in Erinnerung – für unser Hirn aber könnten es auch Steckrüben sein, die von unserem Därmen absorbiert werden.
Woran liegt es nur, dass die Musik nicht in unseren Kopf spielt? Zu leise sind diese Trompeten ganz sicher nicht – aber vielleicht sind wir selbst im Moment einfach zu laut.
First Publication: 21-8-2013
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