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Im Vergleich zu den Kernen eines Granatapfels ist das Rot meines neuen Rucksacks etwas fahler und etwas bläulicher – zumindest im Licht meiner Zürcher Wohnung. (Sonntag, 5. Januar 2014)

38. Flasche

Der rote Rucksack

Valais Pinot noir Maurice Zufferey Combettaz 2011

Von aussen unbewegt riecht der Wein nach nicht ganz reifer Himbeere, freundlich. Mit der Bewegung mutiert die Himbeere zur reifen Weichselkirsche, tendiert dann in Richtung schwarze Kirsche. Der Wein ist eher zurückhaltend, fast ein wenig verschlossen.

Gestern habe ich mir einen roten Rucksack gekauft, der mich heute den ganzen Tag begleitet hat. Die erste Lieblingsfarbe meines Lebens, an die ich mich erinnern kann, war rot. Ich besass rote Hosen, mit denen ich durch den Dreck tollte, rote Schuhe und die roten Filzstift hätte ich ablecken können (wahrscheinlich tat ich es manchmal sogar). Später besass ich einen roten Pullover, eine rote Jacke und ein rotes Fahrrad. Dann aber sagte mir jemand, dass mir die Farbe rot überhaupt nicht gut zu Gesichte stehe – blau hingegen schon. Bald besass ich nur noch blaue Hemden, und wenn man ich nach meiner Lieblingsfarbe fragte, dann liess ich bei der Antwort meine blauen Augen leuchten, zu der meine blaue Garderobe so gut passte (zumindest bildete ich mir das ein). Gegen die Farbe Rot entwickelte ich ein seltsames Misstrauen – ich fand sie plötzlich irgendwie primitiv. Später begann ich, nur noch graue Hemden zu tragen, aus praktischen Gründen – passt man doch mit Grau in jede Umgebung hinein. Nun hatte ich keine Lieblingsfarbe mehr, allenfalls gefiel mir das minzeblasse Blau von Venen, die durch die Haut leuchten.

Und jetzt radle ich mit einem roten Rucksack durch den Winter. In dem Geschäft gab es den Rucksack in vielen Farben zu kaufen: schwarz, blau, graublau und grau zum Beispiel – aber ich wählte rot, und überzeugte mich selbst mit dem Argument, dass man mich so im Strassenverkehr besser sehen könne.

Im Mund ist der Wein komplex, eher säuerlich. Von innen rieche ich saure Kirsche und Schokolade, auch eine Orange kullert vorbei. Der Wein ist fruchtig, fröhlich, elegant – die Kirsche bleibt sehr dominant, fast denkt man dann und wann an Kirschwasser. Mit der Zeit erst kommt eine leise Würznote hinzu – Gewürznelken und der Geruch von schwarzem Pfeffer. Im Abgang bleibt eine Ahnung von gedörrten Zwetschgen.

Getrunken am Sonntag, 5. Januar 2014 im der Küche meiner Wohnung über dem Bahnhof Tiefenbrunnen in Zürich (Schweiz). Gekauft in der «Oenothèque Château de Villa» in Sierre (Fr. 17.00 im Dezember 2013).

Nächste Flasche

Valais Pinot noir Maurice Zufferey Clos de la Combettaz

AOC, 2011, 13% Vol.

100% Pinot noir

Rotwein aus dem Wallis (Schweiz), produziert von Maurice Zufferey in Muraz sur Sierre (auf Karte anzeigen).

First Publication: 6-1-2014

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