Könnte es sein, dass man in Australien doch mit dem Kopf nach unten an der Erdkugel baumelt – und sich deshalb etwas anders fühlt? Auch wenn sich der aus Europa eingeflogene Körper brav an den neuen Tag gewöhnt hat und sich in der neuen Nacht willig schlafen legt – es bleibt, in den ersten Tagen zumindest, das Gefühl einer leichten Verschiebung. Man ist seiner Heimat zwölf Stunden voraus – und das kommt einem manchmal vor, als sei man einen halben Tag früher geboren worden. Das würde einiges durcheinanderbringen, zweifellos – das vertraute «Ich» wäre nicht dasselbe, vielleicht wäre es gar das «Ich» eines anderen? Die Verschiebung fühlt sich an, als würde ein Vorhang quer durch die Existenz gezogen - ein Vorhang, hinter dem sich die Möglichkeit eines anderen Lebens verbirgt, das Töne von sich gibt und den Stoff dann und wann in Bewegung versetzt. Das ist faszinierend und beängstigend, man fühlt sich bereichert und zugleich aus der eigenen Selbstverständlichkeit gedrängt. Kein Wunder, hat man zwischendurch das Bedürfnis, sich festzuklammern - ganz als hänge man tatsächlich mit dem Kopf nach unten an einer Pflaume fest, die durchs Unvorstellbare rast.
First Publication: 7-4-2014
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