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Gewürze aus Santa Lemusa

Abkürzungen

Das Spezielle an dieser Gewürzmisch ist, dass viele der Zutaten zunächst geräuchert werden. (Zürich, Juni 2014)

Twasis

Scharfe lemusische Mischung aus teilweise geräucherten Gewürzen und Schwarzem Kardamom.

Twasis ist eine auf der ganzen Insel berühmte, pulverförmige Gewürzmischung. Das Spezielle an der Mixtur ist, dass einige der Gewürze vor dem Mahlen geräuchert werden. Ausserdem kommt viel Schwarzer Kardamom («Queue d'Éléphant») hinein – und zwar mit der Schale, was das rauchige Aroma noch verstärkt. Generelles zum Thema Räuchern findet sich hier.

Die Gewürzmischung stammt aus Babat – in der Nähe dieser Stadt wird auch der Schwarze Kardamom angebaut. Erstmals erwähnt wird Twasis schon 1679 in den von Jacob Schychs herausgegeben «Miscellanea inusitata». Georgette Muelas hat den entsprechenden Passus aus dem Lateinischen übersetzt und fasst ihn in ihrem Buch («Santa Lemusa», S. 69) zusammen. Demnach soll Twasis im Rahmen eines in Babat praktizierten Rituals eine Rolle gespielt haben, bei dem sich die Anhänger einer lokalen Sekte mit teuflischer Energie aufzuladen versuchten (mehr dazu).

Die verschiedenen Rezepte weichen leicht voneinander ab – namentlich gibt es einzelne Köche, die auch noch etwas Rauchsalz aus Bandon («Neige Fim») mit vermahlen. Wir halten uns hier, nach einigen Experimenten, an das Rezept des Twasis-Clubs aus Babat – auch wenn es vielleicht nicht ganz so authentisch ist, wie gerne behauptet wird.

Twasis duftet erdig, rauchig und sehr warm – es hat aber auch eine sehr liebliche, fast süsse Seite. Kalt mit etwas Joghurt angerührt schmeckt es scharf und rauchig, nach Kampfer und sonnenbeschienener Erde. Twasis will vorsichtig dosiert sein, sonst schmeckt es harsch wie ein Putzmittel. Richtig verwendet gibt es den Gerichten Tiefe, eine gewisse Würde – und auch eine leicht unheimliche Note. Twasis eignet sich für Schmorgerichte und Saucen auf Basis von Fleisch oder Hülsenfrüchten, kann aber auch einem süssen Kompott eine tiefe Note geben.

Twasis ist ein Zusammenzug aus lemus. twa («drei») und sis («sechs»), also 3 x 6 (mehr dazu). Das Originalrezept stellt die Würzmischung in grösserer Quantität her und ist so berechnet, dass man zum Schluss genau 666 g Pulver erhalten sollte. Wir haben das Rezept für den Hausgebrauch durch 10 dividiert – wenn alles mit rechten Dingen zugeht, sollte man also exakt 66.6 g Pulver erhalten. Ist dies nicht der Fall, muss man damit rechnen, dass die magische Wirkung ausbleibt.

Räucherzeit 60 Minuten

Zutaten (für 66.6 g Pulver)

5 EL Buchenmehl für den Rauch

30 g Koriander (Früchte)

4 g Kubebenpfeffer, ganz

4 g weisser Pfeffer, ganz

4 g Kreuzkümmel

1 Anis-Stern

12 g geräucherter Jalapeño-Chili (Chipotle)

6 g getrockneter, ziemlich scharfer Chili (Stil Chile de Árbol)

12 g Muskatblüte

6 g Schwarzer Kardamom, mitsamt den Hülsen

Zubereitung

  1. Eine nicht beschichtete Bratpfanne aus Edelstahl (mit passendem Deckel) innen mit Alufolie auskleiden. 5 EL Buchenmehl über den Boden des Topfes verteilen. Ein niedriges Gestell, einen Ring aus Alufolie oder eine andere Konstruktion in Stellung bringen (ihr Ziel ist es, einen Teller über dem Buchenmehl in Position zu halten).
  2. Koriander, Kubebenpfeffer, weissen Pfeffer, Kreuzkümmel und Anis-Stern auf einem flachen Teller verteilen und auf die Konstruktion in der Pfanne setzen.
    Da der Rauch auf dem Teller einen klebrigen Belag hinterlässt, packen wir ihn meistens ebenfalls in Alufolie ein – dasselbe gilt für den Deckel.
  3. Pfanne erhitzen bis das Mehl zu rauchen beginnt. Deckel auflegen, Hitze auf etwas mehr als das Minium reduzieren, 20 Minuten räuchern, Hitze stoppen und 40 Minuten nachziehen lassen.
  4. Die geräucherten Gewürze zusammen mit den übrigen Spezien (Chipotle, normaler Chili, Muskatblüte, Schwarzer Kardamom mitsamt den Hülsen) am besten in einer elektrischen Kaffeemühle zu einem feinen Pulver zermahlen.
    Wenn man ein ganz feines Pulver bekommen möchte, gibt man es zudem durch ein dünnmaschiges Sieb – und gönnt den etwas gröberen Stücken, die darin hängen bleiben, eine weitere Runde in der Kaffeemühle.
  5. Gewürz vollständig auskühlen lassen und erst dann in ein luftdichtes Gefäss packen.
    Die Mischung hält sich lange, verliert jedoch sukzessive an Aroma.
In Sachen Twasis scheiden sich die Geister auch daran, welche Gewürze man räuchert – und welche nicht. Im Verlauf unserer Experimente haben wir zum Beispiel auch die Chilis und die Muskatblüte mit geräuchert – sind aber dann wieder davon abgekommen weil die Chilis schnell schwarz werden und die Muskatblüte ungeräuchert das interessantere Aroma abgibt. (Zürich, Juni 2014)
Der Raucheffekt ist nicht überall gleich – gewisse Zonen werden geradezu schwarz, andere bewahren sich eine lebendige braune Farbe. Hundertprozentig berechnen oder steuern lässt sich das nicht, weshalb das Resultat jedes Mal leicht anders ausfällt.
Da der Rauch auch auf dem Teller eine klebrig schwarze Spur hinterlässt, packt man das Geschirr besser in Alufolie ein.
Ein Deckel mit Ventil ist besonders praktisch weil man so kontrollieren kann, ob ausreichend Rauch im Inneren des Topfes schwebt – wenn nicht, muss man die Temperatur ein wenig erhöhen.

First Publication: 9-9-2013

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