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Das «zweischwänzig Wunder» – der Länge nach aufgeschnitten. (Juli 2015)

Salzgurke

Mit Susanne Vögeli (Cookuk)

«Wer meint es sei auf Erden / nur Kummer und Beschwerden / kennt noch nicht das feine Stück / Gott uns hat geschickt zum Glück. / Grün in schönstem Goldlicht glänzt / Körper biegt sich doppelt gschwänzt / sein Duft lässt tremolieren / den Mund nach Bissen gieren / kommt zum Gaumen erst Aroma / fällt Hemmung gleich ins Koma. // Verrät's nicht schon das Knacken in deinen Ohren? / Ich spreche von einem Gürkchen wohl vergoren / im Schlund herrschen Freude, Taumel, süsser Wahn / und im Kopf gehen plötzlich alle Lichter an. / Die Verhältnisse wärn ja auch deutlich besser / regierten die Welt mehr Sauregurkenesser. // Wo auch immer drückt der Schuh / s'Gurkenwunder heilt im Nu.» (Übersetzt von Deon Godet, zitiert nach: «Die Sprache der Gemüse», S. 65,66)

Was will man einer solchen Hymne noch hinzufügen. Henriette Baum, die «Das zweischwänzig Wunder» um 1850 schrieb, war ganz offenbar eine grosse Liebhaberin von Salzgurken. Auch wir mögen Salzgurken sehr – leider nur sind sie in der Schweiz gar nicht so leicht zu bekommen. Zwar füllen massenweise Gläser mit Gurken in allen Grössen die Regale unserer Supermärkte – doch handelt es sich bei diesen «Gewürzgurken» oder «Cornichons» fast ausschliesslich um in Essig eingelegtes Gemüse.

Auch Essiggurken sind eine feine Sache, doch, wie sich ein Spreewald-Gurken-Verkäufer auf einem Zürcher Wochenmarkt ausdrückte: «Wer eine Salzgurke haben kann, der will keine Essiggurke.» Salzgurken sind mit Hilfe von Milchsäuregärung haltbar gemachte Gurken. Kleinere Gurken werden gereinigt, in Gläser oder traditionell in Steintöpfen oder Holzfässer geschichtet, mit mässig salziger Lake übergossen, mit einem Brett oder Stein beschwert und so fermentiert.

Nachfolgend geben wir ein einfaches Grundrezept wieder. Je nach Umgebung kann es vorteilhaft sein, den Gurken eine Startkultur beizugeben – das haben auch unsere Versuche in den Laboratoires Interdisciplinaires Jules Iette gezeigt. Das können ein paar Esslöffel Saft von bereits fermentierten Gurken sein. Alternativ eignen sich auch nicht pasteurisierter Sauerkrautsaft oder Molke.

In fast allen Salzgurkenrezepten werden auch gerbstoffhaltige Blätter mit in den Topf gegeben. Laut Hans Gerlach («Einmachen», S. 72). «schützt die Gerbsäure die Gurken vor dem Weichwerden, bis sich genügend Milchsäure gebildet hat.» Wir verwenden hier Meerrettichblätter – es können jedoch laut Gerlach auch Eichen-, Lorbeer-, Wein-, Himbeer- oder Johannisbeerblätter verwendet werden.

Mit der Zeit bildet sich auf der Oberfläche ein weisslicher Belag, den man auf den ersten Blick mit Schimmel verwechseln könnte. Es handelt sich dabei laut Anna Spreng und Margrit Bühler («Natürlich einmachen», S. 65,66) um sogenannte Chamhefe, die einfach sorgfältig abgeschöpft werden kann.

Gärzeit 30 Tage

Zutaten (für 1 kg Salzgurken)

50 g nicht jodiertes Meersalz

1 kg junge, unreife Gurken, sogenannte Cornichons, am besten etwa 5 bis 8 cm lang

2 grosse Meerrettichblätter, gewaschen und trocken getupft

ev. 1 dl Saft von bereits fermentierten Gurken

Zubereitung

  1. In einem Topf 2 Liter Wasser zum Kochen bringen, Salz darin auflösen und erkalten lassen.
  2. Cornichons waschen und gut abtropfen lassen.
  3. Einen Steinguttopf von 25 cm Durchmesser und 30 cm Höhe mit kochendem Wasser ausspülen. Meerrettichblätter in 2 Schichten auf dem Boden des Topfes auslegen.
    An der Stelle eines Steinguttopfes kann man auch einen Glasbehälter verwenden.
  4. Die Gurken in den Topf schichten – bis höchstens 5 cm unter dem Rand. Salzwasser angiessen bis es gut 1 cm über den Gurken steht.
    Wenn vorhanden, kann man zusätzlich etwa 1 dl Saft von bereits fermentierten Salzgurken beigeben – so kommt die Gärung noch leichter in Gang.
  5. Ein Meerrettichblatt so auf die Oberfläche legen, dass es die Gurken ganz abdeckt – andrücken bis es ganz von Flüssigkeit bedeckt ist. Ein passendes Tellerchen auf die Oberfläche legen und mit einem Gewicht beschweren – so, dass die Gurken und das Meerrettichblatt verlässlich unter Wasser gehalten werden. Gefäss mit einem Tuch oder Teller abdecken.
    Statt eines Tellerchens kann man auch einen flachen Stein verwenden, den man vorgängig gewaschen und kurz in kochendem Wasser gesäubert hat. Auch ein mit Wasser gefüllter Plastikbeutel funktioniert ganz gut. Es gibt auch Gärtöpfe, die mit passenden Gewichtssteinen verkauft werden.
  6. Das Gefäss während 2 bis 3 Tagen bei Raumtemperatur (am besten etwa 20 bis 25ºC) stehen lassen.
    Wenn die Milchsäuregärung in Gang kommt, dann bilden sich Bläschen auf der Oberfläche, manchmal schäumt es auch richtig.
  7. Nach 2 bis 3 Tagen das Gefäss in eine etwas kühlere Umgebung (ideal sind 18 bis 20ºC) stellen – zum Beispiel in den Keller oder Kellerabgang. Wenigstens 3 Wochen weiter gären lassen.
  8. Nach gut 3 Wochen sollten die Gurken genussbereit sein. Sie sollten von nun an eher kühl (bei 6 bis 18ºC) gelagert werden.
    In den folgenden Wochen und Monaten entwickeln die Gurken weiterhin Aromen, werden aber auch immer saurer – wenn nötig können sie vor dem Verzehr abgespült werden. Man kann die Gurken in ausgekochte Vorratsgläser transferieren – sie sollten sich so wenigstens ein Jahr halten.
Zunächst müssen die kleinen Gurken sorgfältig gewaschen werden. (Aarau, Juni 2015)
Die Meerrettichblätter sollen verhindern , dass die Gurken weich werden.
Das Salzwasser sollte gut 1 cm über den Gurken stehen.
Hat man bereits fermentierte Gurken zur Hand, kann man ein paar Esslöffel des Saftes in den Gärtopf geben.
Als Abschluss kommt ein Meerrettichblatt auf die Gurken.
Nach drei Tagen hat sich die Farbe der Meerrettichblätter bereits verändert. (Aarau, Juni 2015, Bild Susanne Vögeli)
Wenn die Milchsäuregärung in Gang kommt, dann bilden sich Bläschen auf der Oberfläche, manchmal schäumt es auch richtig. (Aarau, Juli 2015, Bild Susanne Vögeli)
Mit der Zeit bildet sich auf der Oberfläche ein weisslicher Belag, den man auf den ersten Blick mit Schimmel verwechseln könnte. Es handelt sich dabei um sogenannte Chamhefe, die einfach sorgfältig abgeschöpft werden kann. (Aarau, Juli 215)
Unter ungünstigen Bedingungen kann die Sache auch durchaus schief gehen. Hier ist die Milchsäuregärung nicht richtig in Gang gekommen. Deshalb konnten sich schon fünf Tage nach dem Ansetzten Schimmelpilze auf der Oberfläche des Gärstocks bilden. (Zürich, August 2014)
Der Unterschied zwischen Schimmel (links) und Chamhefe (rechts) ist auch von blossem Auge leicht zu erkennen. Ausserdem verströmen verschimmelte Salzgurken einen unangenehmen Geruch.
Echte Salzgurken sind in der Schweiz zumindest kaum zu bekommen. Diese «russischen» Exemplare konnte man 2014 in ausgewählten Filialen von «Coop» finden – unterdessen hat die Firma diese Produktelinie wieder aus dem Sortiment gestrichen.
Bei «Globus» findet man die ebenso feinen wie teuren Salzgurken aus dem Wiener Hause «Staud's» – ausserdem kann man sich hier eine Spreewaldgurke geben. (Zürich, Juli 2015)
In Deutschland bietet jeder Supermarkt eine Auswahl der berühmten Spreewälder Gurken aus Brandenburg an – die Bezeichnung ist seit 1999 geschützt. Die humusreichen Böden im Spreewald gelten als ideal für das Wachstum von Gurken, haben aber wohl nur wenig Einfluss auf das Aroma des eingelegten Gemüses, das stärker von den beigefügten Gewürzen und Aromastoffen abhängt. Früher dauerte der Fermentationsprozess mehrere Wochen, heute nur noch wenige Stunden – werden die Gurken doch mit Natriumlauge versetzt und erhitzt, was den Prozess erheblich beschleunigt. (Wörlitz, Juli 2015)
Seit Sommer 2015 findet sich auch auf dem Bürkliplatz-Markt in Zürich ein Stand, der Spreewald-Gurken verkauft. (August 2015)
Salzgurken kann man auch im Vakuumbeutel fermentieren – hier haben wir 150 g gewaschene und sorgfältig trocken getupfte Cornichons mit 3 g Salz vakuumiert und lassen den Beutel fünf Tage bei Zimmertemperatur liegen – mehr zu dieser Technik auf der Seite zum milchsauer vergorenen Spargel. (Zürich, August 2015)
Nach demselben Prinzip verarbeiten wir auch der Länge nach halbierte Cornichons.
Nach fünf heissen Sommertagen sind die Gurken ganz durchfermentiert, ja schon ziemlich sauer und unglaublich knackig. Im Winter dürfte die Gärung etwas langsamer vonstatten gehen.
Im Beutel mit den halbierten Gurken, die ebenso knackig sind, hat sich im gleichen Zeitraum etwas mehr weisslicher Saft gebildet.
Klassisch im Topf vergorene Gurken (rechts) und im Vakuum fermentierte Exemplare (links) auf einem kleinen Apéro-Tablett. (Zürich, August 2015)

Rezepte mit Salzgurke

First Publication: 7-7-2014

Modifications: 25-7-2015