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Kyiv (Ukraine) Friendship of Nations Arch
Zuschauertribüne südlich des Bogens
Mittwoch, 11. März 2015

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Einen Steinwurf nur vom Maidan entfernt wölbt sich hoch über dem Dnepr ein gewaltiger Bogen aus Titan, der auf Ukrainisch Арка Дружби Народів («Bogen der Völkerfreundschaft») heisst und die Vereinigung von Russland und der Ukraine feiert. Der Platz wurde 1982 aus Anlass des 60. Geburtstags der Sowjetunion eingeweiht. Unter dem Bogen stemmen zwei monumentale Bronzefiguren, ein ukrainischer und ein russischer Arbeiter, den mit einem Band versehenen Orden der sowjetischen Völkerfreundschaft in die Luft. Daneben zeigt eine mächtige Plastik aus Granit einige Kosaken, die sich um einen russischen Gesandten scharen – das Denkmal erinnert an den 1654 geschlossenen Vertrag von Perejaslaw. Dieser für die Ukraine äusserst folgenreiche Pakt verwandelte das Land de facto in einer Kolonie des Zarenreiches. Die russische Historie beschreibt den Vertrag als eine natürliche Wiedervereinigung von Russland und Ukraine – die ukrainische Geschichtsschreibung indes verknüpft mit dem Abkommen einen hinterlistigen Betrug von Seiten des Zaren. Man braucht nicht alle Details dieser Geschichte zu kennen, um zu verstehen, wie viel dieser Ort auch mit den Konflikten der jüngsten Vergangenheit zu tun hat, mit den Protesten auf dem Maidan im Winter 2013/14 und der wenig später erfolgten Annexion der Krim durch Russland.

Rund um den Maidan verkauft jeder kleine Stand Toilettenpapier mit dem Konterfei von Wladimir Putin – und wo auch immer möglich, wird die Flagge der Ukraine gehisst. Wie die Menschen hier das Verhältnis ihres Landes zu Russland sehen, scheint ziemlich offensichtlich. Warum aber ist diese Stätte, die symbolträchtiger kaum sein könnte, weder zerstört noch verwandelt? Eine kleine, auf den Sockel der zwei Arbeiter gemalte Fahne in Gelb und Blau ist die einzige Irritation – sonst wirkt der Komplex völlig unangetastet. Ist den Menschen der kleine Jahrmarkt, der unter dem Bogen mit lauter Musik um Kundschaft wirbt, schon Entweihung genug? Oder sind sie am Ende doch nicht ganz sicher, ob ihre Sicht der Dinge auch Bestand haben wird?

Siehe auch

  • Ein Rezept zur Episoda: Borschtsch (Suppe aus Roter Bete mit diversen Gemüsen und Kwas)
    Episoda – eine Sendung für Santa Lemusa (Einführung)
  • Biographie von Peter Polter

First Publication: 15-3-2015

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