Im ersten Moment wirkt alles improvisiert und zufällig – als sei dieses Leben eben erst erfunden worden. Mit der Zeit aber erfasst das Auge, dass alles seinen Ort hat. Wo sich an der Wasserkante die Schatten eines Mangobaumes und einer Palme kreuzen, liegt das Zentrum des Dorfes. Wer sich auf die roten Hocker setzt, kann eine kleine Crêpe mit scharfer Sauce zu sich nehmen – auf dem niedrigen Tisch bei den blauen Hockern werden Sirups angerührt. In der harschen Sonne des Hafenbeckens bringen Fischer mit kleinen Rundbooten die Netze zu ihren farbigen Kuttern hinaus. Andere tauschen einzelne der Neonröhren aus, die in grosser Zahl auf den Flanken ihrer Schiffe sitzen – bereit, die Tintenfische des südchinesischen Meeres ins Verderben zu locken. Wenn es Nacht ist, wird man sie draussen in der Bucht von Vinh Hay leuchten sehen. Und jedes Boot hat seinen Platz.
Ich bin der einzige hier, der nicht weiss, wo er hingehört. Aber man lässt mich verloren sein, zwinkert, kichert, bietet mir eine Crêpe an und löst mit sanftem Druck die Hand des Dorftrottels von meiner Hose. Was für ein Glück, dass ich hier einfach so stehen darf.
First Publication: 22-5-2015
Modifications: