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Milan (Italy) Via Giovanni Battista Morgagni – Höhe Via Ulisse Aldrovandi (Karte)

Sonntag, 10. Mai 2015

Sonntag in Mailand. Auf dem Parkbänken schlagen einsame Herzen die Zeit tot. Es ist der erste heisse Tag des Jahres. Die Pappeln lassen ihren klebrigen Flaum durch die Strassen der Stadt schweben, machen aus mancher Blumenrabatte einen Schneefleck. Selbst die Hunde müssen dann und wann niesen. Im Schatten beiger Sonnensegel tragen Kellner Tausende von eiskalten Mineralwasserflaschen zu den Tischen der Gäste – nur vor einem afrikanischen Restaurant feiert man in der Sonne, trinkt, klatscht und nimmt es hin, dass der Schweiss über Gesicht und Körper rinnt.

Der Mittelstreifen der Via Morgagni ist ein länglicher Park, der in Gehegen organisiert ist. Im ersten Gehege geniessen Hunde freien Auslauf. Im zweiten haben Rentner eben ihr gemeinsames Mittagessen beendet und lassen nun Spielkarten über die fleckigen Papiertücher fliegen – zwischen den Tischen sind ihre Enkel mit dem Trottinett unterwegs. Im dritten Gehege wird Boccia gespielt – ich kenne keinen anderen Sport, der zugleich so sanft ist und so aggressiv. Eine Frau lässt ihre Kugel mit zartem Schwung über das Spielfeld rollen – und sie bleibt Wange an Wange mit dem Pallino stehen. Sekunden später humpelt ein deutlich älterer Mann an die Wurflinie und sprengt das junge Paar mit einem Schlag seines Balls auseinander. Das Vergnügen des Seniors ist leicht zu verstehen. Aber wie kann die Frau nur lächeln? Sonntag in Mailand. Die einen schlagen die Zeit tot – die anderen grinsen ihre Gefühle in die Gruft. Oder baut sich die Frau an der Feststellung auf, dass der Alte schon ziemlich wackelig auf den Beinen ist?

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First Publication: 20-6-2015

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