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Der kasachische Klassiker Beşbarmak ist ein einfaches Siedfleisch vom Pferd, das auf grossen Teigstücken angerichtet wird – dazu gibt es ein Schüsselchen mit Sud und ein paar rohe Zwiebeln. (August 2015)

Beşbarmak

Siedfleisch vom Pferd mit Teigwaren, Brühe und Zwiebeln – ein Rezept zu Peter Polters Episoda 150705 Kalba Range Nikitinka

Beşbarmak (бешбарма, Beschbarmak, Beshparmak etc.), oft auch nur liebevoll Besch genannt, ist zweifellos die berühmteste Speise Kasachstans – ein Gericht aus gesottenem Fleisch, das mit Teigstücken und Brühe aufgetischt wird. Wenngleich Beşbarmak in Kasachstan fast den Status eines Nationalgerichts hat, beanspruchen es auch die Kirgisen für sich. Beşbarmak heisst wörtlich «fünf» (beş) «Finger» (barmak) und beschreibt die Art, wie das Gericht traditionell gegessen wurde: Man nahm ein Stück Fleisch von der Platte, legte es auf ein Teigstück und schob sich das Ganze als Päckchen in den Mund – mit allen fünf Fingern, ist die Sache wegen der Brühe doch ein wenig glitschig. Eine durchaus sinnliche Art, Beşbarmak zu essen. Wer indes heute in einem Restaurant in Almaty versucht, dem Namen des Gerichts mit seinen Fingern gerecht zu werden, sorgt damit für einige Unruhe in den Reihen der Kellner: sofort eilt einer herbei und hilft einem dabei, Fleisch und Nudeln von der Platte auf den eigenen Teller zu hieven, das Fleisch klein zu schneiden, die Gabel richtig zu halten – kurzum: wer Beşbarmak in einem Restaurant mit den Händen isst, der macht sich zum Affen. Schon das ist Grund genug, die Speise in den eigenen vier Wänden nachzukochen, wo einem keiner ins Handwerk pfuschen kann.

Bei einer so berühmten Speise erstaunt es kaum, dass es natürlich Rezepte gibt wie Sand in der Wüste Karakum. Beşbarmak wird zwar meist mit Fleisch vom Pferd gekocht, oft kommt aber auch Lamm hinein und manchmal wird das Pferd durch Rind, Hammel oder (in Kirgistan) Huhn ersetzt. Auch Innereien und verschiedene Würste können in der Brühe mitgegart werden – namentlich Kazy. Aus der Brühe wird manchmal eine Sauce hergestellt – mit Zwiebeln und Gewürzen, manchmal auch mit Sahne. Gelegentlich kommen auch Kartoffeln, Sellerie, Karotten oder gar Tomaten mit in den Topf. Nur die Nudeln sind immer gleich: dünne, rechteckige Teigblätter, wie man sie zum Beispiel für Lasagne verwendet.

In den Restaurants im Osten Kasachstans wurde uns Beşbarmak immer ähnlich aufgetischt: eine Platte voller Nudeln, mit so viel Brühe benetzt, dass sie nicht zu sehr miteinander verkleben; darauf einige Stücke eines gesottenen Fleisches von Stil eines Siedfleisches; dazu einige frische Zwiebeln in Ringen; und in einem separaten Schälchen etwas zusätzliche Brühe. Oft liest man, Beşbarmak werde mit besonders fettem Fleisch zubereitet. Unsere Erfahrung ging eher in die umgekehrte Richtung, das Fleisch kam uns sehr mager, ja geradezu trocken vor.

Das nachfolgende Rezept orientiert sich an den geradlinigen Speisen, die uns in Restaurants wie dem «Venetia» und dem «Zheti Kazyna» in Almaty oder dem «Barbaris» in Öskemen vorgesetzt wurden. In diesen Lokalen schien uns die Beşbarmak-Formel sehr einfach: Pferdfleisch mit Teigwaren. Beşbarmak dürfte (wie Kuurdak) seinen Ursprung in der Küche der Nomaden haben und eine Methode gewesen sein, frisches Schlachtfleisch besser haltbar zu machen. Es scheint unwahrscheinlich, dass in einem solchen Alltag verschiedene Tiere gleichzeitig geschlachtet wurden – im Unterschied zu vielen anderen Rezepten beschränken wir uns deshalb darauf, Beşbarmak mit Pferd zu kochen.

Wir kochen das Fleisch so, wie wir Siedfleisch vom Rind kochen würden – mit Markbeinknochen und ein wenig Gemüse für das Aroma der Brühe. Zusätzlich geben wir ein Stück Pferdetrockenfleisch oder Pferdesalami mit in den Topf – als Ersatz für die Pferdewurst Kazy, die bei uns nicht zu bekommen ist. – Die genaue Kochzeit hängt vom verwendeten Fleisch ab. Die nachfolgenden Angaben beziehen sich auf ein Federstück, das indes ziemlich fett sein kann. – Als Teigwaren nehmen wir einfach Lasagne-Blätter.

Kochzeit 90 Minuten

Zutaten (für 4 bis 6 Personen)

1500 g Siedfleisch vom Pferd (zum Beispiel vom Federstück)

300 g Knochen (oder Markbein) vom Pferd

120 g Kazy (oder eine andere Wurst vom Pferd), in in zwei grossen Stücken

100 g Lauch, geputzt, am Stück

250 g Knollensellerie, geschält, halbiert

100 g Selleriegrün oder Stangensellerie, geputzt

150 g Karotte, geputzt, in grossen Stücken

2 Chilis vom Typ Peperoncino, ganz

3 EL Salz

300 g Lasagne-Blätter

2 rote Zwiebeln, in feinen Streifen

Zubereitung

  • Gut 3 L Wasser zum Kochen bringen, Fleisch und Knochen hineingeben, 5 Minuten blanchieren. Fleisch und Knochen aus dem Topf heben und mit kaltem Wasser abbrausen.
  • Fleisch, Knochen, Wurst, Gemüse (Lauch, Knollensellerie, Selleriegrün, Karotte), Chili und Salz mit 3 L Wasser kalt aufsetzen, zum Kochen bringen, Hitze reduzieren. Deckel so aufsetzen, dass nur noch ein kleiner Spalt offenbleibt. Je nach verwendetem Fleisch 1.5 bis 2 Stunde köcheln lassen.
  • Fleisch aus dem Sud heben. Sud durch ein Sieb geben, dann zurück in den ausgespülten Topf.
    Das Gemüse ist nach der langen Kochzeit völlig ausgelaugt – wir verwenden es separat und machen mit Senf oder feinem Öl, Zitrone, Kräutern, Joghurt und Co. kleine Apéro-Pürees resp. Salate daraus. Auch die Wurst ist ausgelaugt – wir servieren sie trotzdem, separat zum Fleisch.
  • Sud zum Kochen bringen, Lasagne-Blätter darin knapp al dente kochen. Pasta aus dem Sud heben und in eine grosse, flache Schüssel legen – etwas Sud darüber giessen damit die Blätter nicht zu stark aneinander kleben. Das Fleisch in mundgerechte Stücke schneiden und auf die Pasta drapieren. Separat dazu die Zwiebeln reichen und für jeden Tischgenossen etwas Sud in einer kleinen Schüsseln.
  • Bei Tisch klaubt jeder Esser – so gut es geht – ein Stück Pasta von dem Haufen, legt ein Stück Fleisch und ein paar Zwiebelringe drauf, schlägt die Teigränder über und steckt sich diese Tasche in den Mund.
    Das etwas archaische Ritual gelingt nicht immer ganz leicht – ist jedoch sehr befriedigend. Aber man kann Beşbarmak natürlich auch mit Messer und Gabel essen – das empfiehlt sich vor allem wenn man Wert darauf legt, das Fleisch heiss zu verzehren. Den Sud trinkt man zwischendurch.
Die Zutaten für Beşbarmak – traditionell wurde das Gericht vermutlich ohne Gemüse gekocht. (Zürich, August 2015)
Als Ersatz für die kasachische Pferdewurst Kazy, die ausserhalb des Landes kaum zu bekommen ist, geben wir ein Stück Pferdesalami mit in den Topf. Diese hier haben wir in der Metzgerei «Seefeld» in Zürich gekauft.
Wenn man die Brühe entfetten möchte, dann lässt man sie am besten ganz abkühlen. Dabei bildet das Fett eine relativ feste Schicht auf der Oberfläche, die mit einem Löffel leicht abgeschöpft werden kann. Noch fester wird die Schicht wenn man die Brühe einige Zeit in den Kühlschrank stellt.
Das Restaurant «Zheti Kazyna» in Almaty ist berühmt für sein Beşbarmak, das hier auf grossen Platten für mehrere Gäste serviert wird – aber auch als Tellergericht zu bekommen ist. (Juli 2015)
Beşbarmak heisst wörtlich «Fünf Finger» und beschreibt die Art, wie das Gericht traditionell gegessen wurde – nämlich mit den Händen. So schmeckt es auch besonders gut, Kellner haben für solche Genüsse allerdings nur wenig Verständnis.
Zu Beşbarmak wird meist ein Schälchen mit Brühe (russ. Bбульон) gereicht, die man zum Essen trinken kann.
Beşbarmak-Reste kann man kalt aufschneiden oder mit dem Sud als Suppe servieren – hier gewürzt mit Kapern aus dem Salz und etwas Zitrone. (Lungern, August 2015)

First Publication: 28-7-2015

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