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Tucupí ist die wichtigste Zutat von Tacacá – einer Suppe aus der Küche der Ureinwohner, die in Manaus überall auf der Strasse angeboten wird. (Oktober 2015)

Tucupí

Brühe aus dem Saft von Maniok – ein indianisches Erlebnis zu Peter Polters Episoda 151028 Manaus Porto

Tucupí ist ein im Norden Brasiliens verbreitetes Produkt aus der Küche der Indios. Traditionell wird diese gelbliche Brühe aus einer giftigen Maniok-Art gewonnen indem man die Wurzel auspresst und den Saft mehrere Stunden lang kocht. Wir haben den Prozess mit ungiftigem Maniok, wie man ihn in Europa bekommt, nachvollzogen.

Im Amazonas haben wir Tucupí vor allem als eine wichtige Zutat von Tacacá kennengelernt – einer sehr speziellen Suppe aus der Küche der Ureinwohner, die in Manaus überall auf der Strasse angeboten wird. Tacacá wird meist in halbierten Kalebassen serviert und besteht aus Tucupí, Knoblauch, Koriander und Maniok-Stärke, die zu einer Suppe verrührt werden – als Einlagen kommen getrocknete Garnelen hinein und ein an Spinat erinnerndes Kraut namens Jambu (Acmella oleracea), das den Mundraum leicht betäubt und deshalb auf Englisch Toothache plant heisst. Die Tacacás, die wir in Manaus kosten konnten, schmeckten salzig und ein bisschen säuerlich, sie hatten eine leicht metallische Note und waren auch ein wenig bitter. Die Suppen wirkten als seien sie mit Eigelb gebunden (was entschieden nicht der Fall war) – der Begriff «vegetarisches Markbein» kam uns in den Sinn. Die Garnelenschwänze, die mit der Schale in der Suppe schwammen, verliehen dem Gericht auch eine markant fischige Note und schmeckten sehr salzig.

In Ermangelung von Jambu konnten wir aus unserem Tucupí keine Tacacá herstellen – wir haben die Brühe also einfach als Bouillon mit ein paar Garnelen verzehrt. So richtig aufregend war diese Suppe allerdings nicht – was wahrscheinlich daran lag, dass uns die Fermentation des Maniok-Wassers nicht recht gelang. Interessant fanden wir den Herstellungsprozess vor allem weil dabei auch Goma di manioca entsteht, aus dem wiederum Tapioka produziert werden kann.

Die nachfolgende Beschreibung ist weniger als ein Rezept zu verstehen, denn als eine Art Erlebnisbericht.

Fermentationszeit 24 Stunden
Kochzeit 40 Minuten

Zutaten (für gut 1.5 L Tucupí)

2 kg Maniok

2 TL Salz

2 ganze Zehen Knoblauch, ungeschält

½ Tasse leicht zerzupftes Koriandergrün

Zubereitung

  1. Maniok schälen, in Stücke schneiden und mit 1.2 bis 1.5 L Wasser in einem Mixer zu einem Brei verarbeiten.
    Wir häckseln die Maniok-Stücke vor dem Mixergang in einem elektrischen Zerkleinerer – so kommt unser kleiner Stabmixer nicht so ins Rotieren.
  2. Ein frisches Passiertuch in eine Schüssel legen, die wenigstens zwei bis drei Liter fassen sollte. Maniok-Mus hineingeben, Tuchenden zusammenfassen und die Masse so lange ausdrücken und auswringen bis kein Saft mehr durch das Gewebe tritt (oder die Handgelenke in den Streik zu treten drohen).
    Die im Tuch zurückbleibende Masse wird nicht mehr gebraucht und kann entsorgt werden.
  3. Die Schüssel mit dem milchigen Saft nun zwei bis drei Stunden stehen lassen – dabei sickert eine mehlige Substanz zu Boden und versammelt sich dort zu einer etwas klebrigen Masse, der sogenannte Goma de mandioca.
  4. Den Saft sorgfältig in eine saubere Schüssel giessen. Die Goma de mandioca vom Boden lösen und in einem separaten Gefäss kühl stellen. Die Saft-Schüssel mit einem sauberen Tuch bedecken und 24 Stunden bei Zimmertemperatur stehen lassen. Dabei sollte der Saft fermentieren.
    Soweit die Theorie. Wir haben die Schüssel, randvoll, in die Nähe eines Heizkörpers gestellt und knapp 30 Stunden stehen lassen – ohne jede Aufsicht. Als wir an den «Tatort» zurückkehrten, fehlte rund ein Viertel der Flüssigkeit. Im Gegenzug war die Umgebung der Schüssel feucht oder fleckig von eingetrocknetem Saft. Was war passiert? War der Saft durch die Wände der japanischen Suppenschale getreten – und durch das Aluminium-Tablett darunter? Oder hatte der Saft zwischenzeitlich so heftig fermentiert, dass Schaum über die Ränder der Schüssel schwappen konnte? Wir wissen es nicht. Der Saft aber roch kaum säuerlich, es schien also unwahrscheinlich, dass er tatsächlich fermentiert haben könnte.
  5. Saft in eine Pfanne giessen, Salz, Knoblauch und Koriander dazugeben, zum Kochen bringen, Hitze reduzieren und 40 Minuten köcheln lassen. Beim Kochen flockt der Saft ein wenig aus.
  6. Zum Schluss den Saft durch ein Sieb geben.

Unser Tucupí schmeckte eher süsslich als sauer – und schien uns insgesamt nicht sonderlich interessant. Wir glauben, dass beim Fermentieren etwas schief gegangen sein muss. Vielleicht hatte der Saft einen zu hohen Wasseranteil, weshalb die Fermentation nicht recht in Gang kam. Reste der Brühe und die Goma di mandioca hielten sich in unserem Kühlschrank mehrere Wochen lang – ohne Schimmel anzusetzen oder ihren Geruch zu verändern.

Der Stand von «Gisela» auf der Praça São Sebastião unmittelbar neben dem Opernhaus von Manaus gilt als eine Institution in Sachen Tacacá. (Oktober 2015)
Tacacá wird traditionell in einer halben Kalebasse serviert, die mit Kumati (einer Art Harz) wasserdicht gemacht wurde.
Erst kommt eine klebrige Maniokmehl-Wasser-Masse in die Schüssel.
Nun legt die Köchin die getrockneten Garnelen und Jambu dazu.
Zum Schluss kommt die heisse Tucupí-Brühe darüber.
Tacacá wird in Manaus da und dort auf der Strasse angeboten – an beweglichen Ständen, meist von Frauen.
Das Zerkleinern der Maniok-Knolle zu einem Mus ist ziemlich aufwendig – erst häckseln wir die Stücke, dann pürieren wir sie mit dem Mixerstab. (Zürich, November 2015)
Das Maniok-Mus kommt in ein Passiertuch, das über einer grösseren Schüssel ausgelegt ist.
Zu Beginn läuft der Saft von alleine aus dem Maniok-Mus ab.
Mit der Zeit muss man die Masse in dem Sack mit den Händen quetschen, um die Flüssigkeit herauszulösen.
Die trockene Masse, die schliesslich im Tuch zurückbleibt, wird nicht mehr gebraucht und kann entsorgt werden – wir haben einen Teil davon mit etwas Wasser und Salz vermischt und in einer Pfanne kleine Fladen gebacken.
Die Schüssel mit dem milchigen Saft lässt man zwei bis drei Stunden stehen.
Während dieser Zeit sickert eine mehlige Substanz zu Boden ab und versammelt sich dort zu einer schneeweissen, etwas klebrigen Masse, der sogenannte Goma de mandioca.
Hier haben wir den ganzen Saft abgeschöpft und die weisse Masse dann in einen separate Schüssel gekratzt. Aus dieser Goma de mandioca wird durch Trocknen Tapioka hergestellt.
In der Schüssel mit dem Maniok-Saft fehlt nach knapp 30 Stunden ‹Fermentation› etwa ein Viertel der Flüssigkeit.
Im Gegenzug ist die Umgebung der Schüssel feucht – was ist geschehen? Wir wissen es nicht.
Zum Schluss kocht der Maniok-Saft etwa 40 Minuten lang – mit Salz, Knoblauch und Koriander.

First Publication: 4-12-2015

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