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Vielleicht steht das Weihnachtsfest für all jene Dinge in meinem Leben, die ich noch nicht verstanden habe – die Rätsel knackt auch dieser König nicht, der beim Zürcher Bellevue auf seinen Abtransport wartet. (Sonntag, 27. Dezember 2015)

100. Flasche

Après la fête

Cahors Château Haut-Monplaisir Pur Plaisir 2010

Von aussen unbewegt riecht der Wein nach Brennsprit, Zwetschge und Kernseife. Mit der Bewegung verflüchtigt sich die Frucht und da hängt nur noch ein frisch mit Kernseife gewaschenes Tuch. Vielleicht steht da auch eine Schüssel mit einem kalt gewordenen Braten. Im Mund hat der Wein sehr viel noch ziemlich aggressives Tannin und schmeckt eher sauer als süss. Von innen wirkt er harsch wie saure Zwetschgen, legt aber im Abgang einen Teppich aus ziemlich reifen Walderdbeeren aus. Am Gaumen hängt auch eine Idee von Himbeergeist nach.

Seit genau fünfzehn Jahren vermeide ich konsequent jede Weihnachtsfeierlichkeit. Damals untersagte mir meine Mutter die Teilnahme am Fest in meinem Elternhaus mit der Begründung, ihre Enkelinnen (meine Nichten) hätten das Anrecht, Weihnachten «mit normalen Menschen zu feiern» (ich hatte mich gerade von meiner Gattin getrennt und das passte meiner Mutter nicht so recht ins Konzept). Doch obwohl ich alles Weihnachtliche meide, lässt mich das Fest doch keineswegs unberührt – das merke ich immer spätestens wenn die Tage vorüber sind. Auch heute wieder beschlich mich eine eigentümliche Traurigkeit beim Anblick der leeren Buden des Zürcher Weihnachtsmarktes, die beim Bellevue auf ihre Demontage warten. Weihnachten bleibt für mich mit der Hoffnung verbunden, etwas geschenkt zu bekommen – und mit der Enttäuschung, nichts oder auf jeden Fall nicht das Richtige bekommen zu haben. Meine Mutter ist zu Beginn dieses Jahres gestorben – und manchmal habe ich das Gefühl, sie habe mich mit diesem Nichts zurückgelassen, gegen das ich andauernd mit irgendwelchen Erfindungen antreten muss. So steht das Weihnachtsfest vielleicht auch für all jene Dinge in meinem Leben, die ich noch nicht verstanden habe. 

Erst mit der Zeit entwickelt der Cahors ein wenig Süsse und eine leichte Kompott-Note – ohne indes irgendwie gefällig zu werden. Wir haben die Flasche wohl etwa zehn Jahre zu früh geöffnet, den Wein quasi aus dem Schlaf gerissen.

Getrunken am Sonntag, 27. Dezember 2015 in der Küche meiner Wohnung über dem Bahnhof Tiefenbrunnen in Zürich (Schweiz). Gekauft bei «Südhang Weine» in Zürich (Fr. 39.50 im Juli 2015).

Nächste Flasche

Cahors Château Haut-Monplaisir Pur Plaisir

AOC, 2012, 14.5% Vol.

100% Cot

Rotwein aus dem Südwesten (Frankreich), produziert von Cathy et Daniel Fournié in Lachapelle-Cabanac (auf Karte anzeigen). Auf der rückseitigen Etikette steht: «Cette cuvée de cépage Malbec provient d'une sélection de parcelles de plus de 30 ans, avec un rendement de 30 hl/hectare maximum, vinifiée et élevée en fûts neufs pendant 22 mois.»

First Publication: 27-12-2015

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