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Bak kut teh schmeckt intensiv nach Pfeffer und verschiedenen Rhizomen – in Singapur wird die Suppe traditionell zum Frühstück gegessen, uns schmeckt sie auch am Abend. (Zürich, Januar 2016)

肉骨茶 Bak kut teh

Suppe aus Schweinerippen mit Knoblauch, Sojasauce und einer pulverisierten Mischung aus Gewürzen, Rhizomen und Beeren – ein Rezept zu Peter Polters Episoda 151219 Singapore Marina Bay

Zu den Klassikern der reichen Küche von Singapur gehört auch eine im Grunde ganz einfache Suppe aus Schweinerippen, Knoblauch und Gewürzen: 肉骨茶 Bak kut teh oder auf Mandarin Ròu gǔ chá, was wörtlich übersetzt etwa Fleisch-Knochen-Tee heisst. Mit Tee ist aber nicht die Brühe selbst gemeint – obwohl die, ohne viel Phantasie, durchaus als eine Art Tee angeschaut werden könnte. Der Tee kommt in dem Namen des Gerichts offenbar vor weil man traditionell eine Tasse Tee zu der Suppe trinkt – Oolong in der Regel.

In den Hawker-Hallen und Restaurants wird Bak kut teh manchmal mit Koriandergrün oder Frühlingszwiebeln bestreut und mit Sojasauce, Chiliringen und gehacktem Knoblauch serviert. Zur Suppe gibt es Reis, Nudeln, frittierte Teigstücke oder trockenes Weissbrot – manchmal wird Bak kut teh auch in Gestalt einer Nudelsuppe aufgetischt. Statt Schweinerippen – oder zusätzlich – können auch verschiedene Schweineinnereien, Pilze, Tofu oder Pak Choi in der Suppe schwimmen. Bak kut teh wird typischerweise zum Frühstück gegessen – manchmal auch als Lunch.

Teochew- und Hokkien-Stil. In Singapur unterscheidet man zwei Versionen und schreibt sie den zwei wichtigsten Dialektgruppen der Stadt zu, den Teochew und den Hokkien. Teochew ist eine alte Variante des Chinesischen, die im Osten der Region Guangdong und von den über weite Teile der Welt verstreuten Migranten aus dieser Gegend gesprochen wird – besonders zahlreich sind die Teochew in Singapur. Hokkien ist eine Variante des Chinesischen, die in der Provinz Fujian gesprochen wird und sich von dort aus über weite Teile Südostasiens verbreitet hat – in Singapore ist Hokkien neben Teochew der am meisten gesprochene Dialekt. Bak kut teh im Teochew-Stil hat eine hellere Farbe und enthält vor allem sehr viel Pfeffer und Knoblauch. Bak kut teh im Hokkien-Stil hingegen ist dunkler und wird mit einer Vielzahl von Gewürzen und Rhizomen gekocht.

Geschichte. Viele Verehrer dieser Suppe in Singapur und die meisten in Malaysia sind der Ansicht, das Gericht sei in Klang erfunden worden, der ehemaligen Hauptstadt des malaysischen Staates Selangor. Der Singapurer Arzt und Food-Blogger Leslie Tay wollte es genauer wissen und fasst die Ergebnisse seiner Untersuchungen auf seinem Blog zusammen – die Geschichte ist nicht ganz unkompliziert: «Nach Ansicht der Malaysier wurde nach dem Zweiten Weltkrieg in Klang der erste Laden mit Bak kut teh eröffnet: ‹Seng Huat›. Der Name des Gründers war 李文地 Lee Wen Di. Zu Beginn hiess die Suppe aber nicht 肉骨茶 Rou gu cha, sondern 肉骨汤 Rou gu tang. Die Zubereitung von Lee Wen Di war indes so populär, dass man die Suppe nach ihm zu nennen begann: 肉骨地 Rou gu di, was im Hokkien-Dialekt Bak kut teh ausgesprochen wird.» Alles klar bis hierher?

Leslie Tay fährt fort: «Ich zweifle nicht daran, dass der Name Bak kut teh in Klang so entstanden ist. In Singapur indes haben wir Beweise dafür, dass Bak kut teh schon vor dem Zweiten Weltkrieg in der Gegend rund um den Clarke Quay serviert wurde. Ich habe mit Kenry Peh gesprochen, dem Chef der Pek Sin Choon Tea Merchants, dessen Grossvater die Firma vor dem Krieg gründete. Er erzählte mir, dass sein 大伯 Tua peh, sein ältester Onkel väterlicherseits, der 86jährige Mister Pek Bok Kim, sich immer noch daran erinnere wie er mit seinem Grossvater Pek Kim Au schon vor dem Zweiten Weltkrieg Bak kut teh gegessen habe. Er erinnere sich sogar daran, dass man die Suppe damals mit einem Topf Tee serviert habe.» q.e.d. – Bak kut teh ist eine Singapurer Erfindung.

Doch wer hat sie in Singapur erfunden – auch das weiss Leslie Tay zum Glück genau: «Die pfefferige Version von Bak kut teh wurden von den Teochew erfunden. Die Schweine-Knochen-Suppe insgesamt aber hat ihre Ursprünge in der Küche der Hokkien – denn bei den Teochew heisst Fleisch nicht Bak, sondern Nek. Der Name legt also einen Ursprung in der Kultur der Hokkien nahe. Gong Fu Tee hingegen ist typisch für die Teochew, die in China als die grössten Tee-Trinker gelten. Wir haben es also hier mit einem typischen Singapur-Gericht zu tun – insofern es aus der Fusion der zwei wichtigsten chinesischen Dialekt-Gruppen der Stadt entstanden ist.»

Würzmischung. Das Gelingen von Bak kut teh hängt wesentlich von der Gewürzmischung ab, die man verwendet. In Singapur verkauft jeder Gewürz- resp. Heilmittelladen verschiedene Versionen davon. Ausserdem gibt es auch einzelne, auf Bak kut teh spezialisierte Garküchen, die den Kunden ihre eigene Mischung zum Kauf anbieten – so zum Beispiel das «Das Ng Ah Sio Bak Kut Teh Eating House» von der Rangoon Road, das eine Niederlassung in der grossen Foodhall der «Marina Bay Sands» Shoppingmall betreibt. Die Mischungen für Bak kut teh im Teochew-Stil bestehen zur Hauptsache aus Pfeffer und oft viel Monosodium-Glutamat – die Mischungen für den Hokkien-Stil enthalten zusätzlich diverse Gewürze, Rhizome und Beeren. Wir stellen hier ein Rezept für Bak kut teh im Hokkien-Stil vor. Als Würzmischung verwenden wir die Ròu gǔ chá Mixtur aus dem Restaurant «Fāmíng yuán» in Port-Louis. Wir haben auch verschiedene Bak kut teh Pulver ausprobiert, die wir in Singapur haben kaufen können. Sie waren alle nicht schlecht. Wir haben uns trotzdem für das Mischung aus Santa Lemusa entschieden weil sie 1. kein Monosodiumglutamat enthält und wir 2. auch das Rezept wiedergeben können, was es jedermann möglich macht, die Mischung selbst herzustellen (so er ein gut sortiertes Asia-Geschäft in seiner Umgebung findet).

Wir geben hier nur eine Art Basis-Rezept wieder, das ohne viel Aufwand realisiert werden kann und bereits zu einer sehr feinen Suppe führt. Man kann die Brühe aber leicht noch kräftiger machen – Hinweise dazu im Anschluss an das Rezept. Das herrliche Aroma der Brühen, die man oft an den Bak kut teh Ständen in den Hawker-Centers von Singapur bekommt, rührt natürlich auch daher, dass diese Suppen oft fortlaufend gekocht werden und sich so von Tag zu Tag, ja vielleicht gar von Woche zu Woche weiterentwickeln und intensivieren. Das kann man in der heimischen Küche kaum imitieren – es sei denn man friere immer einen Teil der Suppe ein, um ihn bei der nächsten Auflage von Bak kut teh zu dem neuen Sud zu geben.

Kochzeit 80 bis 90 Minuten

Zutaten (für 2 bis 4 Personen)

500 g Schälrippen vom Schwein (oder Brustspitze wenn man es fleischiger mag)

10 Zehen Knoblauch

5 gestrichene TL Ròu gǔ chá Gewürzmischung

2 bis 3 EL Sojasauce

Salz zum Abschmecken

Zubereitung

  1. Die Schälrippen und den Knoblauch in einen Topf geben und mit 1.5 L Wasser bedecken. Gewürzmischung und Sojasauce beigeben, sanft aufkochen lassen. Sobald das Wasser sprudelt, die Hitze so regulieren, dass der Sud nur noch sanft siedet. 80 bis 90 Minuten ohne Deckel köcheln lassen – gelegentlich rühren.
    Wer sein Schweinefleisch mit mehr Biss mag, kann die Suppe auch schon nach 40 Minuten servieren – dann allerdings haftet das Fleisch noch am Knochen. Nach 80 bis 90 Minuten indes löst es sich sauber und vollständig von der Rippe.
  2. Die Suppe mit Salz abschmecken. Die Schälrippen auf Schalen verteilen und die heisse Suppe darüber giessen.
    Die Suppe gefällt uns in dieser sowohl aromatischen wie auch visuellen Klarheit – deshalb verzichten wir darauf, Kräuter oder Zwiebeln darüber zu streuen.

Wesentlich kräftiger wird die Brühe, wenn man Schweineknochen oder Füsse im Sud auskocht. Da die Knochen oder Füsse aber etwa zwei bis drei Stunden brauchen, um sich an die Brühe zu ergeben, muss man ihnen entweder einen entsprechenden Vorsprung verschaffen – oder die Herstellung der Suppe in zwei separate Arbeitsschritte aufteilen: Auskochen der Knochen und Kochen der Schweinerippen-Suppe. Man könnte natürlich auch mit zusätzlichen Würzmitteln auffahren (Ingwer, Zwiebeln, Kräuter etc.), doch das würde den Charakter der Suppe stark verändern.

Das «Ng Ah Sio Bak Kut Teh Eating House» von der Rangoon Road in Singapur unterhält auch eine Niederlassung in der «Marina Bay Sands» Shopping mall. Die Betreiber sind sichtbar stolz auf ihre Schweinerippen-Suppe – und bieten den Kunden auch ihre «authentische» Gewürzmischung zum Kauf an. (Dezember 2015)
Das Bak kut teh von «Ng Ah Sio» schmeckt vor allem nach weissem Pfeffer und Knoblauch.
Ein besonders würziges Bak kut teh hat uns der Stand von Sin Thor im Hawker-Center an der Old Airport Road in Singapur serviert.
Seit einem Vierteljahrhundert schon bereitet Sin Thor sein viel gerühmtes Bak kut teh zu – die Arbeit mit den heissen Brühen hat auch auf seinen Armen Spuren hinterlassen.
Das Bak kut teh von Sin Thor folgt der Teochew-Tradition und ist also vor allem mit Pfeffer gewürzt.
Zum Bak kut teh reicht Sin Thor ein Schälchen mit dunkler Sojasauce und Chiliringen – das getrocknete Brot saugt die Brühe wunderbar auf. Man kann zur Suppe auch Reis oder Nudeln bestellen.
Es gibt in Singapur nebst zahllosen Hawker-Ständen auch diverse Restaurants, die sich ganz auf Bak kut teh spezialsiert haben.
In den Geschäften von Singapur bekommt man auch fertige Gewürzmischungen für Bak kut teh – sowohl im Hokkien- wie auch im Teochew-Stil.
Würziger Dunst steigt aus der Suppenschüssel auf – geheimnisvoll ragen die langen Knochen der Schälrippen aus dem Gewässer. (Zürich, Januar 2015)
Klassisch wird Bak kut teh mit Schälrippen vom Schwein (rechts) oder Brustspitz (links) serviert – man kann indes auch andere Arten von Fleisch in der Brühe garziehen lassen.
Zu Beginn der Kochzeit schwimmt die Würzmischung auf den Wasser – dann aber löst sie sich mehr und mehr darin auf.
Besonders gut schmeckt uns Bak kut teh mit frischen, dicken und wunderbar klebrigen Reisnudeln, wie man sie im Kühlregal vom Asia-Läden findet – meist stammen sie aus Vietnam.

First Publication: 16-1-2016

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