D | E  

Neuste Beiträge

HOIO und Cookuk

  • Das Tagebuch von Raum Nummer 8 (Susanne Vögeli und Jules Rifke)
  • HOIO-Rezepte in der Kochschule – das andere Tagebuch

Etwas ältere Beiträge

Grosse Projekte

Mundstücke

Gewürze aus Santa Lemusa

Abkürzungen

Eigentlich sollte an diesem Tag der Heilige Georg erscheinen… Sonnenuntergang über der Bucht von Rio, Blick von der Praia de São Francisco in Niterói. (April 2016).

Brasilien - Molho de Pimenta

In Brasilien steht auf nahezu jeden Kneipentisch eine kleine Flasche aus Plastik oder Glas mit einer rötlichen Flüssigkeit drin: Molho de Pimenta. Diese Sauce gibt Suppen und Fleischgerichten, Salaten, Sandwiches, Pizza, Stockfisch-Kroketten oder Bohnen-Eintöpfen den richtigen Kick. Sogar die ambulanten Verkäufer, die in grossen Styropor-Kisten Sandwiches und Hamburger (Lanches) über die Strände schleifen, haben immer ein Fläschchen Molho de Pimenta mit dabei – und wenn das Timing stimmt, dann geht dann gerade die Sonne unter und man hat vielleicht gar eine Chili-Saucen-Vision.

Uns schmeckt diese Sauce vor allem zu Gerichten aus getrockneten Bohne gut – gleichgültig ob es sich um simple Feijão Preto, um ein Süppchen (Caldinho de Feijão) oder um eine ausgewachsene Feijoada carioca handelt. Sie gibt dem erdig-dumpfen und eher süsslichen Aroma der Bohnen eine gewisse Säure und etwas Schärfe.

Molho de Pimenta findet man denn auch in den Regalen noch des kleinsten Supermarkts in Brasilien – oft werden mehrere Marken zur Auswahl angeboten. Die Sauce schmeckt grundsätzlich ein wenig scharf und sauer, denn sie besteht aus Chili, Essig und Salz. Man müsste meinen, dass es da keine grossen Geschmacksunterschiede gibt – doch weit gefehlt. Wir haben anlässlich eines längeren Aufenthalts in Rio de Janeiro sechs weit verbreitete Saucen aus industrieller Herstellung und eine hausgemachte Sauce verkosten und vergleichen können – und waren überrascht, wie unterschiedlich schmecken kann, was sich eigentlich sehr ähnlich sein müsste.

Verkostungsnotizen

Wir haben alle Saucen pur, auf einem Stück Gurke und auf einem Stück Brot verkostet. Am besten hat und die Sauce der Marke «Bravo» geschmeckt, knapp gefolgt von «Peixe».

«Bravo». Rot wie Tomatensuppe, dickflüssig. Mittelscharf, sehr salzig, dezent sauer. Fruchtig (Banane, Mango), exotisch, kräftige Chiliwürze – langer, nicht unangenehmer Nachklang. Keine schlechte Sauce.
Zutaten laut Angaben auf der Flasche: Vinagre, Pimentas vermelhas (Jalapeño e Malagueta), Agua, Sal, Espessante goma xantana, Acidulante acido citrico. (Gekauft in einem Supermarkt in Rio de Janeiro, April 2016)

«Kitano». Dunkles Orangerot, dünnflüssig. Mittelscharf, eher sauer. Schwach würzig mit einer seltsam künstlichen Note, als hätte man Plastik in die Sauce eingeschmolzen, auch eine Idee von Weissbrot ist da oder von Kuhstall. Insgesamt ein unangenehmer, sehr künstlicher Geschmack.
Zutaten laut Angaben auf der Flasche: Agua, Polpa de pimenta vermelha, Vinagre, Sal, Conservante bezoado de sódio, Espessante goma xantana, Aromatizante realçador do sabor glutamato monosódico. (Gekauft in einem Supermarkt in Rio de Janeiro, April 2016)

«Knorr». Leuchtend rote Farbe, eher dickflüssig, mit sichtbaren Fasern. Mittelscharf, nicht sehr sauer, eher süsslich und salzig. Aromatische Assoziationen: Fisch, Erde, Tomatenpüree. Seltsam aufdringliche Nebenaromen. Etwas eigentümliche, aber brauchbare Sauce.
Zutaten laut Angaben auf der Flasche: Polpa de pimenta vermelha, Vinagre, Sal. (Gekauft in einem Supermarkt in Rio de Janeiro, April 2016)

«Ohne Namen». Durchsichtig mit leicht rötlicher Verfärbung, ganze Chilis und Chilistücke in der Flasche. Mittelscharf, wenig sauer, kaum süss. Heftiger, alkoholisch wirkender Duft, der den Chili-Odem dominiert – erinnert auch ein wenig an fermentiertes Tofu oder an den Gummi alter Thermos-Flaschen. Doch auch die Frucht ist sehr präsent. Auch im Mund wirkt die Sauce ein wenig medizinisch – was wieder mit dem Alkohol zu tun hat. Eine sehr fruchtige Sauce – wenngleich der Alkohol etwas gewöhnungsbedürftig ist.
Zutaten – geraten: Chili, Essig, Cachaça, Salz. (Gekauft an einem Stand auf der Feira da Glória in Rio de Janeiro, April 2016)

«Fenicio». Orange-rote Farbe, eher dünnflüssig. Etwas schärfer, wenig salzig, ziemlich sauer – aber die Säure verfliegt sofort, hinterlässt keine Spuren im Mund. Die Sauce hat kaum Würze, wirkt sehr flach und chemisch, hinterlässt im Mund einen schalen, entfernt an Tomaten erinnernden Geschmack. Ein unangenehmes Wässerchen.
Zutaten laut Angaben auf der Flasche: Vinagre, Pimenta malagueta, Sal, Espessante goma guar, Antioxidante acido citrico, Conservante bezoado de sódio. (Gekauft in einem Bio-Shop in Rio de Janeiro, April 2016)

«Tempemar». Leuchtendes (Himbeer)-Rot, dünnflüssig. Wenig scharf, ziemlich sauer, kaum süss,. Die Sauce hat ein leichtes Essigaroma, das aber im Mund schnell verfliegt. Sie wirkt wässrig, wenig würzig - als sei sie zu lange gelagert worden. Eine völlig nichtssagende Sauce.
Zutaten laut Angaben auf der Flasche: Vinagre refinado, Pimenta vermelha, Sal. (Gekauft in einem Supermarkt in Rio de Janeiro, April 2016)

«Peixe». Eher dunkles Orangerot, leicht dicklich. Mittelscharf, eher sauer, leicht salzig, auch leicht süss. Fruchtig (Orange, Paprika), leichte Frucht-Bonbon-Noten, lebendiger Nachgeschmack. Die Sauce schmeckt immer wieder ein wenig anders – je nach Menge, die man verkostet. Eine feine Sauce insgesamt – auch wenn man dann und wann den Eindruck hat, irgendetwas stimme nicht ganz, sei nicht ganz sauber.
Zutaten laut Angaben auf der Flasche: Vinagre, Pimenta malagueta, Pimenta dedo de moça, Sal, Conservante bezoado de sódio, Corante natural vermelho de cochinila. (Gekauft in einem Supermarkt in Rio de Janeiro, April 2016)

Die sieben Saucen, die wir in Rio verkostet und verglichen haben. (April 2016)

First Publication: 23-4-2016

Modifications: