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Die Streitzone von «Mam Kusto»: der Markt an der Rue Papok im Zentrum von Port-Louis.
Blumenkohl, Kürbis und Kartoffeln auf einem Marktstand.

Restaurant «Kusto»

Gewöhnlich überlässt Simone Pinjami nichts, aber auch gar nichts dem Zufall. Tag für Tag geht sie höchstpersönlich über die Märkte von Port-Louis, um möglichst frische Produkte für die Küche des «Kusto» (auf Karte anzeigen) zu bekommen. Ob Fisch, Krustentier, Wild oder Geflügel, ob Gemüse, Salat oder Frucht: Was auch immer in ihrem Restaurant auf den Tisch kommt, hat Simone Pinjami selbst ausgewählt. Zu Beginn machte sich die Köchin mit ihrem kritischen Blick und ihrer direkten Art bei den Händlern nicht eben beliebt. Ja es kursieren auf dem Markt auch diverse Geschichten über sie. So wird etwa erzählt, sie habe eine Languste nach einer Fischverkäuferin geworfen, mit ihrem Regenschirm eine Poularde aufgespiesst oder einen Sack mit Erbsen auf die Strasse gekippt – alles, um sich demonstrativ über die mangelnde Qualität einzelner Produkte zu beschweren.

Unterdessen aber haben sich die Händler an «Mam Kusto» gewöhnt, wie sie ihre Kundin mit einem vorsichtigen Lächeln auf den Lippen nennen – und natürlich sind sie bemüht, ihr nur beste Qualität zu liefern. - All dies tönt nach einer äusserst resoluten Dame. Dabei ist Simone Pinjami als Patronne die Liebenswürdigkeit in Person. Ja die Herzlichkeit, mit der sie ihre Gäste empfängt, ist sicher mit ein Grund für den seit Jahren anhaltenden Erfolg ihres Etablissements. 

Lehre in Cape Town, Zermatt und Bangkok. Als Simone Pinjami das «Kusto» gegen Ende der 1970er Jahre übernahm, war sie kaum älter als dreissig Jahre. Sie hatte in Santa Lemusa und Paris das Kochen gelernt und Wanderjahre durch die Küchen internationaler Hotels in Cape Town, Zermatt und Bangkok hinter sich. Das «Kusto» im Herzen der Altstadt von Port-Louis war in den 1920er Jahren als eines der ersten Jazz-Lokale der Insel gegründet worden. Zu den vielen Musikern, die hier auftraten, gehörte auch der Pianist Lionel Belasco. Ab den 1950er Jahren wurde das Lokal als «Rhumerie Antillaise» weitergeführt, wechselte aber dann in 1970er Jahren häufig Besitzer und Namen. Als Pinjami das Etablissement kaufte, war es ziemlich heruntergekommen und hatte nicht eben den besten Ruf. Die junge Köchin sanierte die Räumlichkeiten, gab dem Lokal seinen alten Namen zurück und verwandelte es in ein charmantes Speiserestaurant mit kleinem Konzertprogramm (Jazz, Fusion).

In der Küche setzt Simone Pinjami kunstvoll auf Kontraste – zwischen süsslichen und salzigen Akzenten, sauren und bitteren Noten, Knusprigem und Saftigweichem, Schärfe und Cremigkeit. Als Gastgeberin versucht sie ihre Klientel stets zu verführen, neue Dinge auszuprobieren. Ja über die Bestellungen ihrer Stammgäste führt sie sogar Buch - und also weiss sie immer, ob man bei seinem letzten Besuch die mit Datteln gefüllte Wachtel oder die Blutwurst mit Ingwerkompott hatte, ob man also nun die Chamou-Leber auf Zwiebelkrokant oder doch besser das scharfe Schweinsragout mit Maulbeeren nehmen sollte. Darin und in der Präzision, mit der die einzelnen Gerichte in der Küche umgesetzt werden, zeigt sich, dass Simone Pinjami wirklich nichts dem Zufall überlässt.

Sportliche Küchenexperimente. Mit einer Ausnahme allerdings. Wenn sich die Köchin nämlich daran macht, neue Gerichte für das «Kusto» zu entwickeln, dann ergibt sie sich in einem ersten Schritt ganz und gar dem Zufall – einem Zufall, der in Gestalt ihres jüngeren Bruders Jean-Hubert auftritt, der nach den Worten von Simone Pinjami «vom Kochen so wenig Ahnung hat wie ich von der Mondfahrt». Will die Köchin neue Rezepte entwickeln, schickt sie ihn mit 50 Francs zum Markt: «In seiner Ahnungslosigkeit wählt er dann irgendwelche Dinge aus - sei es weil ihm die Farben einer Frucht gefallen oder aber die Augen der Verkäuferin. Und ich versuche dann, aus diesen Fundstücken ein Essen zu fabrizieren. Das kommt nicht immer gut heraus - aber manchmal stosse ich so auf überraschende Kombinationen, aus denen ich dann ein neues Gericht für mein Lokal entwickeln kann.» Auf solch sportlichem Weg ist auch der «Pwason wòb vè» («Poisson en manteau vert») entstanden, den wir zu Ehren seiner Erfinderin hier als Fisch «Kusto» vorstellen.

Wenn «Mam Kusto» aufkreuzt, dann setzen die Händler ein vorsichtiges Lächeln auf - und liefern nur beste Qualität.
Eine Frau steht vor einem Gemüsestand und wählt aus.
Für ihre Gäste tut Simone Pinjami alles - eines Tages soll sie sogar einer Fischverkäuferin eine Languste nachgeworfen haben.
Eine Frau geht an einem Verkaufsstand mit Fischen vorbei.

Rezepte aus dem «Kousto»

First Publication: 5-2006

Modifications: 19-2-2009, 30-9-2011