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«Kunst, Küche und Kalkül»

Der Katalog zur Ausstellung im Museum Behnhaus Drägerhaus in Lübeck (19. September 2010 bis 16. Januar 2011) versammelt unter dem Titel «Kunst, Küche und Kalkül» verschiedene Aufsätze zu Carl Friedrich von Rumohr (1785-1843), der vor allem als Verfasser von «Geist der Kochkunst» bekannt ist.

Ausstellung und Katalog stellen dar, dass Rumohr weit mehr war als nur ein Gastrosoph. Zum Beispiel war er auch ein Künstler, der sich nach Jahren auf der Akademie zwar zum Dilettantismus «verdammt» sah und doch zeitlebens nie von der Feder liess, die er in meist recht groben Schraffuren übers Blatt führte, um den Landschaften Schleswig-Holsteins «recht auf den Grund zu kommen» oder die Köpfe seiner Umgebung zu karikieren. Zentral arbeitet der Katalog die These heraus, Rumohr habe die Kunstgeschichte als historische Wissenschaft begründet. Sie macht dies unter anderem an seinen Forschungen in Siena fest, in deren Verzug er auch auf Akten des städtischen Archivs zurückgriff. In einem ähnlichen Zusammenhang steht Rumohrs Beschäftigung mit den mittelalterlichen Kunstdenkmälern Norddeutschlands - namentlich sein Einsatz für den Passionsaltar aus dem Lübecker Dom, den man heute als wichtigstes Spätwerk von Hans Memling kennt. Als Kunstagent kaufte er italienische Malerei für die Berliner Gemäldegalerie und weitere Kollektionen in München und Kopenhagen ein, als Vermittler machte er sich für die Nazarener und insbesondere für Johann Friedrich Overbeck stark. Rumohr verfasste auch eine Sittengeschichte und trat als Novellist, Satire-Schreiber und Fabel-Dichter hervor. Nicht zuletzt war Rumohr auch Agronom und als solcher überzeugt, dass alle Kultur in der Kultivierung des Bodens ihren Anfang nehme - ein Ansatz, den man heute wohl «ganzheitlich» nennen würde.

Bei alledem zeigt sich Rumohr wiederholt als Pragmatiker, der in kulturpolitischen Dingen klug zu agieren wusste. Gleichzeitig war aber auch ein Kind der Romantik, dem die Natur als das Höchste galt - auch in der Küche. Dass ein solcher Blick auch schnell an seine Grenzen kommt, legt Karl Heinz Götze in seinem Katalog-Aufsatz über Rumohr als Gastrosoph dar wenn er dessen recht undifferenzierten Gebrauch des Begriffs «Natürlichkeit» kritisiert und auf die relative Beschränktheit seines kulinarischen Entwurfs hinweist: «Die Flüchtigkeit des Gegenstands, seine spezifische Art stofflicher Gebundenheit, die enge Verknüpfung mit menschlicher Notdurft - das alles sind unüberschreitbare Qualitäten der kulinarischen Dinge, die der Reflexion bedurft hätten, von einer Ästhetik des Hässlichen ganz zu schweigen.»

Alexander Bastek; Achatz von Müller (Herausgeber): «Kunst, Küche und Kalkül. Carl Friedrich von Rumohr (1785-1843) und die Entdeckung der Kulturgeschichte». Mitarbeit Livia Cárdenas. Katalog zur Ausstellung im Museum Behnhaus Drägerhaus in Lübeck (19. September 2010 bis 16. Januar 2011). Petersberg: Michael Imhof Verlag, 2010.

First Publication: 23-12-2010

Modifications: 13-10-2011, 24-4-2014