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Hongdo, Ausflugsboot «Gil Yong»

Szene 22

Als das Boot vor ein paar Brocken hielt, die wie drei etwas harsche Grazien aus dem Meer ragten, trat ein Mann zu Maille an die Reling und verneigte sich höflich. Er hatte den Herrn schon vorher beobachtet – er war der Wortführer einer kleinen Gruppe von Freunden, die sich ständig angeregt unterhielten. Ob er die Worte des Guides für ihn übersetzen dürfe, fragte er vorsichtig. Maille nickte und lächelte wie es sich gehört. Der Mann deutete auf den Grazien-Felsen: «Der Führer hat gesagt, dies seien der Herr Direktor mit seiner ersten Frau links – und rechts mit seiner zweiten». Maille lachte, so gut wie möglich. Der Übersetzer des Scherzes schüttelte sich wie ein Omnibus auf einer schlechten Landstrasse.
«Ich heisse Mister Lee», stellte sich der Omnibus vor als er aus den Schlaglöchern herausgefunden hatte. Er sei hier auf Urlaub mit seiner Frau und ein paar Freunden aus Gwangju, seine Tante besitze ein kleines Haus im Dorf. Maille brauchte die Frage gar nicht zu formulieren, die ihm auf den Lippen brannte. Als der Agent sich vorstellte, gab ihm Mister Lee von selbst alle antworten, die er brauchte – mehr als ihm lieb war.
«Aus Santa Lemusa! Was für ein Zufall! Was für ein reisefreudiges Volk!», leuchtete Lee und rief seine Freunde herbei, die den Agenten bald umstanden als führe er einen magischen Abstaublappen oder eine Gerät zur Gemüseverschönerung vor. Vor ein paar Wochen sei er schon einmal jemanden aus Santa Lemusa begegnet, freute sich Lee, einer jungen Frau, auf einem Flug nach New York.
«Sehr sympathisch, eine Schönheit – fast so schön wie meine Frau», strahlte Lee und schob eine Dame auf den Geheimagenten zu, die verlegen lächelte und ihm die Hand entgegenstreckte – so wie man jemandem einen am Boden gefundenen Handschuh hinhält, «Ihrer?»

Der glücklich verheiratete Kimchi-Tiger kramte einen ganzen Stapel mit Namenskarten hervor und durchblätterte sie – immer noch mit voller Weihnachtsbeleuchtung im Gesicht. Dann fand er, was er suchte: «Tajana, hiess sie, Tatjana Koslow. Eine schöne Frau – und Ärztin oder so. Sie wird uns besuchen kommen – eines Tages. Aber jetzt sind Sie ja hier. Was für ein Zufall. Wir müssen das feiern! Kennen Sie koreanische Sashimi?»