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Ein von Aspargillus Oryzae befallenes Reiskorn. (Aarau, Mai 2015, Bild Susanne Vögeli)

Bericht 1: Miso

Miso (fermentierte Sojabohnenpaste) gehört zu den bedeutensten Sojabohnenprodukten Ostasiens. Im Raum Nummer 8 haben wir den Prozess der Misoherstellung im Mai 2015 gestartet und 12 Monate lang aufgezeichnet. 

von Susanne Vögeli (Cookuk)

Der Schimmelpilz Koji mit seinen Fermenten bringt die Umwandlung von Sojabohnen zu Miso in Gang. Mit Kojireis (mit Aspargillus Oryzae-Sporen befallener Reis), Sojabohnen und Salz haben wir schon die ganze Liste der sichtbaren Zutaten einer Misorezeptur. Dazu kommt die weit grössere Liste von Zutaten, die in keinem Lebensmittelgeschäft auf dem Regal stehen. Es sind die Pilze, Fermente und Hefen, welche sich mit Hege und Pflege erst im Verlauf der Zubereitung bilden werden – oder bilden können. Man kommt durchaus in Versuchung diesen «Unsichtbaren» eine Persönlichkeit anzudichten, welche einem gut oder weniger gut gesinnt sein können.

Der Prozess der Umwandlung  des Reiskorns geschieht in tropisch feuchtem Klima. Der Kojipilz erzeugt während seinem Wachstum auf dem Reis diejenigen Fermente, welche für die Umwandlung der Stärke im Reiskorn und auch für die Umwandlung für das Eiweiss und das Fett der Sojabohne notwendig sind, nur so kann aus Sojabohnen Miso entstehen.

Das Gedeihen des weissen Kojimycels für Miso hängt von der richtigen Wahl des Sporens ab. Im Raum Nummer 8 haben wir bei der ersten Kojireisherstellung die überraschende Erfahrung gemacht, dass der Reisschimmel nicht weiss, sondern grün zu spriessen begann und sich nach einigen Stunden gelb-grüner Sporendunst im Labor ausbreitete. Mit dem Aspergillus Oryzae – W 20 entwickelte sich jedoch dann ein Schimmelpelz, schneeweiss und von edler Zartheit.

Der warme, feuchte und gekochte Reis gefällt nicht nur den Aspargillus-Sporen, die unterschiedlichsten Mikroorganismen würden sich sehr gerne ebenso darauf ausbreiten. Es beginnt ein Territoriumskampf, in der Wärmeschublade. Nach 20-24 Stunden, wenn sich der filigrane Floor auf dem Reis sichtbar macht, fühlen wir uns im Raum 8 grossartig belohnt. Zu den ersten Zeichen der Fermentation zählt auch der süsse Duft, der sich verbreitet. Es ist die Umwandlung von Reisstärke zu Zucker, welche die Amylase, ein Ferment welches der Kojipilz produziert, auslöst. Auch der Reis schmeckt jetzt als wäre er gezuckert. Gleichzeitig wird es ohne unser dazutun wärmer. Die Eigenwärme im Reis ist ein weiteres  Zeichen einer aktiven Zutat im Misorezept.

Aspergillus Oryzae, die Sporen welche den Schimmelpilz Koji auf dem gedämpften Reis erzeugen, haben wir in Australien gefunden. Der Kontakt zu einer japanischen Herstellerfirma von Koji-Starters hat uns später die Wahl aus einen Vielzahl von unterschiedlichen Sporen ermöglicht.

Der zweite, weit komplexere Umbau vollzieht sich im kühlen Dunkel eines dickwandigen Topfes über lange Zeitstrecken. Jetzt werden die  Eiweissbestandteile und die Fettanteile der Sojabohnen durch Fermente und Hefepilze umgebaut. Wir haben die pastose Masse in grosse Töpfe gefüllt und zugedeckt in einem Klimaschrank bei 15 Grad auf die komplexe Fermantationsreise geschickt.

Wissenswertes zur Misoherstellung haben wir in «Das Miso-Buch» von William Shurtleff und in verschiedenen Youtube-Filmen gefunden. Verbindungen zu Japankennern und die Degustation verschiedener Misosorten waren nützliche Erfahrungen.

Die Berichte aus Raum Nummer 8 stellen Synthesen der diversen Erfahrungen und Erkenntnisse dar, die wir zuvor bereits im Tagebuch von Raum 8 vereinzelt in chronologischer Reihenfolge wiedergegeben haben.

Die Zutaten für die Herstellung der Misopaste: Reis, Sojabohnen, Salz, Sporen Aspergillus Oryzae. (Aarau, Mai 2015, Bild Susanne Vögeli)
Im Wärmeschrank bei 30°C gedeiht der Kojipilz auf dem gedämpften Reis. (Aarau, Mai 2015, Bild Susanne Vögeli)
Ein Versuch im Raum 8 mit Langkornreis und mit einem Typ Aspergillus Oryzae Sporen, welche für die Herstellung von Sake vorgesehen sind: Das Myzel entwickelt sich grün und bildet am dritten Tag gelb-grünen Sporenstaub.(Aarau, Mai 2015, Bild Susanne Vögeli)
Die eingeweichten Sojabohnen wurden während 3 Stunden gekocht und nach dem Auskühlen püriert. (Aarau, Mai 2015, Bild Susanne Vögeli)
Am 14.Mai 2015 haben wir die Mischung von Kojireis, Sojapohnenpaste und Salz in Töpfe gefüllt und zugedeckt. In einem Klimaschrank bei 15 °C begann der Wandlungsprozess durch Fermentation zu Miso.(Aarau, Mai 2015)
Kojireis, Sojabohnen und Salz haben sich während 12 Monaten in diesem Topf durch Fermentation zu einer reifen Miso verwandelt. (Aarau, 14. Mai 2016, Bild Susanne Vögeli)
Ein goldgelbes weich aromatisches Miso hat sich in diesen zwölf Monaten entwickelt. Am 14. Mai 2016 haben wir 0.8 dl heisses Wasser und 20 g Miso zu einer Suppe verrührt. Die goldig gelbe Misopaste löste sich unter Rühren im heissen Wasser zu einer leicht emulgierten Suppe auf. Die Mikroben haben etwas Tierisches in den Reis-Sojatopf eingenistet. Weiche Aromen, sanft salzig, leicht alkoholisch, Hefegeschmack Pilzaromen. Eine Geschmack von Reife und Fülle. Kleinste Stücke von Sojabohnenhäuten und Reis sind wahrnehmbar, Abwesenheit von Säure. (Aarau,14. Mai 2016, Bild Susanne Vögeli)

First Publication: 21-5-2016

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