Reis an würziger Tomatensauce, mit Fisch und Gemüse – ein Rezept zu Peter Polters Episoda 160109 Dakar Gueule Tapée
Der Name des senegalesischen Nationalgerichts wird immer wieder etwas anders geschrieben: Thiéboudiène, Ceebu jën, Ceeb u jen, Theibou dienn, Tíe biou dienne etc. – geht jedoch stets auf die gleichen zwei Worte in Wolof zurück: ceeb («Reis») und jën («Fisch»), womit die Hauptzutaten der Speise beschrieben wären. Natürlich gibt es Versionen en masse – und viele sind sehr aufwendig, schliesslich handelt es sich um ein festliches Gericht. Gemeinsam ist den meisten Zubereitungsweisen, dass Fischstücke, Gemüse und Reis in derselben Sauce auf Basis von Tomaten und getrocknetem Fisch gekocht werden – separat allerdings. Die Verfahren und Resultate können sehr unterschiedlich sein. Zum Beispiel ist der Reis manchmal eher trocken (fast wie Bulgur), manchmal aber auch sehr feucht (eher wie ein Risotto). Manche Köche stellen viel dicke Sauce her und kochen Fisch und Gemüse darin – andere verdünnen die Sauce und dünsten das Gemüse eher, dritte frittieren den Fisch. Es gibt auch Varianten mit Fleisch statt Fisch (Tiep bou yap), vegetarische Tieps oder solche, die ohne Tomate auskommen (Tiep blanc).
Als Fisch wird meist der in Senegal sehr verbreitete Thioff (franz. merou, ein Zackenbarsch) verwendet – in mehr oder weniger grossen Stücken. Bei den Gemüsen gehören Weisskohl, (afrikanische) Aubergine und Karotten zu den Standards, oft auch Kartoffeln, Süsskartoffeln oder Maniok, weisse Rüben, Kürbis, Okra etc. Die Sauce wird meist aus Tomaten-Konzentrat und den für Westafrika unerlässlichen Brühwürfeln hergestellt. Als Würzen kommen nebst Chili, Knoblauch, Pfeffer und (manchmal) Tamarinde auch für Westafrika typische Aromastoffe zum Einsatz: Yet (eine gesalzene und dann getrocknete Muschel), Guedj (ein getrockneter Fisch) und Nététou (die fermentierten Früchte des Néré-Baumes). All diese Zutaten sind in Europa nur schwer zu bekommen. Nététou kann man aber leicht durch schwarze fermentierte Bohnen ersetzen, wie sie bei uns jeder Asia-Laden verkauft – statt Guedj geben wir getrocknete Sardellen und statt Yett getrockneten Garnelen bei.
Wir haben ein Thiéboudienne-Rezept ausgetüftelt, das recht einfach zu kochen ist und uns von den Abläufen her logisch erscheint. Wir marinieren erst den Fisch, kochen dann aus dieser Marinade, Tomatenkonzentrat und Gewürzen eine Sauce, die wir teilweise für das Kochen des Reises, teilweise für das Schmoren der grossen Gemüsestücke verwenden. Zum Schluss braten wird den marinierten Fisch an.
Viele Thiéboudienne-Rezepte verwenden gebrochenen Reis (riz cassé deux fois), wir nehmen einen Rund- oder Mittelkornreis – die besten Erfahrungen haben wir mit spanischem Arroz Bomba gemacht. Beim Gemüse variieren wir, wobei Kohl, Karotten und Süsskartoffel immer dazu gehören. Die afrikanischen Auberginen sind meist so klein, dass man sie im Ganzen mit Schale verwenden kann. Wir haben Thiéboudienne verschiedentlich auch mit den in Europa erhältlichen Auberginen gekocht, die jedoch in Stücke zerlegt werden müssen und so in der Sauce eine unangenehm schwammige Konsistenz entwickeln – weshalb wir heute auf Aubergine verzichten.
Man kann das Rezept mit grossen Stücken von ganzen Fischen, Tranchen oder Filets kochen – wobei die Garzeiten etwas unterschiedlich sind. Wir kochen es hier mit den in Europa besonders beliebten Fischfilets, die indes nicht zu dünn sein sollten (sonst sehen sie neben den eher grossen Gemüsestücken ein bisschen mager aus).
Unsere Thiéboudienne schmeckt auf eine leicht rauchige, fast etwas schmutzige, an Komposterde erinnernde Art würzig und entführt den Kopf in die dunklen Markthallen von Dakar, wo die Händler am Nachmittag hinter ihren Ständen vor sich hin dösen. Im Senegal wird die Thiéboudienne meist mit einem Schnitz Zitrone serviert – wir finden das nicht unbedingt notwendig, dominiert die Säure doch schnell die Aromen der Sauce.
Man sollte bei der Umsetzung des Rezepts auch seinen Intuitionen folgen. Je nach Beschaffenheit der Produkte, die man verwendet, wird man da etwas mehr Flüssigkeit, dort etwas mehr Zeit einsetzen müssen.
Kochzeit 60 Minuten
400 bis 500 g fester Fisch (Silberbrasse, Goldmakrele, Dorsch)
6 Zehen Knoblauch, fein gehackt oder gepresst
1 frische Chili, fein gehackt
1 Bund flache Petersilie (20 g), fein gehackt
1 TL Salz
1 TL Olivenöl für die Marinade
3 EL Schwarze fermentierte Bohnen (21 g)
3 EL getrocknete Garnelen (18 g)
3 EL getrocknete Anchovis (15 g), am besten ganz kleine Exemplare
2 EL Erdnussöl für das Anbraten der Zwiebeln
2 Zwiebeln, fein gehackt
5 kleine Brühwürfel («Cube Maggi») à gut 4 g (oder 2 grosse Brühwürfel à 12 g, Hühnerbrühe zum Beispiel)
1 knapper EL Tamarindenkonzentrat
6 geh. EL Tomatenpüree (120 g)
2 dl trockener Weisswein
ev. Salz zum Abschmecken der Sauce
150 g Rund- oder Mittelkornreis
3 nicht zu mächtige Karotten (140 g), geschält, der Länge nach halbiert
1 kleiner Weisskohl (200 g), in vier Stücken
1 Süsskartoffel (120 g), geschält in etwa 8 Stücken
100 g Kürbis, in zwei Stücken
100 g Kohlrabi, geschält in zwei Stücken
2 ganze Chilis
2 EL Erdnussöl zum Anbraten des Fisches
ev. Zitrone zum Anrichten
Bei diesem Rezept wird vermutlich etwas Tomatensauce übrigbleiben, die man jedoch später leicht für einen weiteren Reis verwenden – oder auch als Suppe uminterpretieren kann.
Man kann mit der gleichen Saucen-Menge auch eine Thiéboudienne zubereiten, die mehr Leute nährt. In dem Fall wird man die Reismenge erhöhen, mehr Gemüse und vielleicht auch mehr Fisch verwenden – folglich muss man die Sauce entweder verdünnen oder aber den Topf mit dem Gemüse ganz zudecken und die Stücke so dünsten.
First Publication: 27-1-2016
Modifications: