Wir wollten wissen, was passiert, wenn man Weisskohl mehrere Wochen lang an der Wärme gären lässt. Die meisten Rezepte empfehlen, das Kraut bei Zimmertemperatur 3-8 Tage stehen zu lassen – um so die Gärung in Gang zu setzen (also bis im Glas Bläschen aufsteigen). Danach soll das Kraut kühl gestellt (15º bis 18º) weitere 6 bis 8 Wochen säuern und reifen. All dies soll im Dunkeln geschehen. Wir setzen unser Kraut am 20. Januar 2015 an und lassen es gut zehn Wochen neben einem Heizkörper stehen – in einem Glasbehälter, dem Licht in unserer Wohnung ausgesetzt. Eine Woche vor Ende des Experiments scheint uns die Oberfläche des Krauts etwas trocken – also giessen wir ein bisschen abgekochtes Salzwasser auf.
Am 1. April nehmen wir uns den Gärstock vor. Auf der Flüssigkeit schwimmt eine etwa 2 cm grosse Schimmelblume. Die war vor einer Woche auf jeden Fall noch nicht da – und wir haben langsam das Gefühl, dass mit unserem Leitungswasser in Zürich Hottingen etwas nicht stimmt (wann immer wieder mit diesem Wasser einen Gärstock angesetzt haben, hatten wir mit Schimmelbildung zu kämpfen). Wir entfernen die Blume und giessen die über dem Kraut stehende Flüssigkeit (das Wasser von vergangener Woche) weg. Das Kraut selbst wirkt sehr kompakt und scheint einwandfrei, es duftete angenehm.
Wir verkosten es ungekocht. Es ist etwas trocken (trockener als gekauftes Kraut auf jeden Fall) und hat durchaus noch ein wenig Biss, wenn auch auf ganz andere Art als frisch gehobelter Weisskohl: die Stücke zerbersten weniger unter den Zähnen, sie bieten ihnen einen kompakteren, eher teigwarenartigen Widerstand. Das Kraut schmeckt nur ein bisschen sauer und hat einen vollen, sehr fruchtigen Fermentationsgeschmack. Es ist sehr würzig und das Aroma erinnert uns an ein etwas geheimnisvolles Dessert, in der Nase vor allem auch an frischen Ziegenkäse. Ein etwas ungewöhnliches, aber sehr feines Resultat.
1 grösserer Weisskohl (ca. 1.5 kg)
20 g Salz
First Publication: 28-3-2015
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