Geschichte. Laut Teubners «Grossem Buch vom Obst» (S. 34) finden sich wilde Aprikosen-Arten von Afghanistan bis Japan. In China soll sie 4000 v. Chr. schon angebaut worden sein. Eine besonders elegante Beschreibung der frühen Geschichte der Aprikose liefert das «Appetit-Lexikon» (S. 22). Es nennt sie eine «Armenierin voll schmelzenden Liebreizes», die um Christi Geburt «nach Griechenland einwanderte und dann über Epirus nach Rom ging, wo das Stück zu des Plinius Zeit (23 - 79 n. Chr.) noch mit 1 Denar bezahlt wurde. Durch die Römer gelangte der Aprikosenbaum nach Spanien und Ägypten, in Frankreich aber war er noch 1562 ein Neuling und in Deutschland wurde der erste 1565 im herzoglichen Lustgarten zu Stuttgart gezogen.» In der römischen Kaiserzeit war ein Denar so etwas wie der minimale Tageslohn – die Aprikose folglich eine ganz unerhörte Delikatesse.
Name. Die meisten in Europa gebräuchlichen Worte für prunus armeniaca gehen wohl auf das lateinische Wort praecox («frühreif») zurück und nehmen Bezug auf die sehr frühe Blüte und relativ frühe Fruchtbildung der Aprikose. In Österreich und Bayern heisst die Aprikose auch Marille.
Pflanze. Die Aprikose (prunus armeniaca, engl. apricot; franz. abricot; span. albaricoquero, damasco; ital. albicocca) ist ein kleiner Baum aus der Familie der Rosaceae (Rosengewächse). Sie hat eiförmige, leicht gesägte, dunkelgrün glänzenden Blätter und weisse (selten auch rosafarbene) Blüten. Aprikosenbäume blühen früh, meist schon im März, und sind deshalb besonders frostgefährdet. Aus den Blüten entwickeln sich samtig behaarte, gelbe bis orangefarbene Steinfrüchte mit einem weisslichen, gelben oder tieforangen Fruchtfleisch, das sich bei reifen Früchten leicht vom Stein löst. Die Aprikose liebt trockene, warme Regionen und ist sehr anfällig auch feuchtigkeitsbedingte Pilz- und Virenkrankheiten.
Es gibt sehr viele verschiedene Sorten, oft mit schönen Namen. Einige reifen früher im Jahr, andere später. Es gibt kleine und grosse Sorten, sie können beinahe weiss sein, gelb, aprikosenfarben, orange oder fast rot – manche bekommen rote Bäckchen, andere nicht. Das Fruchtfleisch ist bei manchen Sorten eher trocken, bei anderen saftig, es kann fein sein oder eher grobfaserig, süss oder säuerlich, mit Aromen von Muskat, Moschus, Zitrone… Berühmte Sorten heissen: Early Blush, Tomcot, Jumbocot, Bergeron, Pêche de Nancy, Polonais oder Orange de Provence, Reale, Bulida, Bebeco oder Bebekou.
Produktion. Die wichtigsten Aprikosen-Produzenten sind: Türkei, Iran, Usbekistan, Algerien, Italien, Pakistan, Frankreich (vor allem das untere Rhonetal), Marokko, Spanien und Ägypten. Berühmt für ihre Aprikosen sind aber auch mengenmässig weniger bedeutende Anbaugebiete wie das Wallis in der Schweiz oder die Wachau in Österreich. In Europa kommen die ersten Aprikosen im Mai und Juni auf den Markt – sie stammen in der Regel aus Marokko oder Spanien und sind meist nicht sehr aromatisch, auch bei optimaler Reife nicht. Im Juli und August dann kommen hervorragende Qualitäten aus Frankreich, Italien, Österreich und der Schweiz.
Aprikosen werden als Frischobst gegessen, können aber auch zu Fruchtsalaten oder Sorbets verarbeitet, zu Kompotten und Konfitüren eingekocht werden. Ein grosser Teil der Aprikosen-Ernte wird getrocknet, dabei verlieren die Früchte ihren exotisch-frischen Duft, werden dafür erheblich süsser und nehmen eine eigene Würze an – vor allem wenn sie mit Schwefeldioxid getrocknet werden, dann erhalten sie sich auch ihre orange Farbe. Ohne Schwefeldioxid getrocknete Früchte nehmen eine ledrige Konsistenz an und verlieren weitgehen ihre Säure, sie schmecken dann karamellartig und etwas flach. Getrocknete Aprikosen werden für salzige wie für Süsse Gerichte verwendet – ein Klassiker ist etwa Lamm mit Aprikosen. In manchen Ländern werden auch die Kerne (Samen) gegessen, die man mit einem Nussknacker aus der harten Schale des Aprikosensteins brechen kann. Sie sind bei Zuchtsorten eher süss, bei wilden Sorten eher bitter. Oft schmecken sie fruchtig, manchmal leicht säuerlich. Süsse Kerne enthalten nur so wenig Blausäure, dass sie bedenkenlose verzehrt werden können – sie spielen auch in der Nahrungsmittelindustrie eine gewisse Rolle. Bittere Kerne aber enthalten so viel Blausäure, dass die Gesundheitsministerien mancher Länder vom Verzehr abraten.
First Publication: 9-7-2014
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